Gehst du den „weit vorzüglicheren Weg“ der Liebe?
Gehst du den „weit vorzüglicheren Weg“ der Liebe?
„GOTT ist Liebe.“ Mit diesen Worten beschrieb der Apostel Johannes Gottes Haupteigenschaft (1. Joh. 4:16). Jehovas Liebe zur Menschheit ermöglicht es, dass wir ihm näherkommen und eine persönliche Beziehung zu ihm aufbauen. Wie berührt uns Gottes Liebe noch? Jemand hat einmal gesagt: „Wir werden von dem geformt und gebildet, was wir lieben.“ Aber nicht nur was wir lieben, formt uns, sondern auch wen wir lieben. Oder wer uns liebt. Da wir im Bild Gottes erschaffen sind, können wir Gottes Liebe widerspiegeln (1. Mo. 1:27). Johannes schrieb passend dazu, dass wir Gott lieben, „weil er uns zuerst geliebt hat“ (1. Joh. 4:19).
Vier Wörter für Liebe
Der Apostel Paulus bezeichnete die Liebe als „weit vorzüglicheren Weg“ (1. Kor. 12:31). Warum sagte er das? Was für eine Liebe meinte er? Schauen wir uns das Wort „Liebe“ doch einmal genauer an.
Bei den Griechen gab es vier Wörter für Liebe: storgḗ, érōs, philía und agápē. Sie kamen in den unterschiedlichsten Formen vor. Bei der Aussage „Gott ist Liebe“ steht das Wort agápē. * Professor William Barclay schreibt in seinem Buch Aus dem Wortschatz des Neuen Testamentes: „Agape hat etwas mit der Gesinnung zu tun; sie ist nicht einfach ein Gefühl, das ungebeten in unserem Herzen aufsteigt, sie ist ein Prinzip, nach dem wir bewusst leben. Agape hat entscheidend mit dem Willen zu tun.“ Es geht hier also um eine Liebe, die auf Prinzipien beruht, bei der aber auch starke Gefühle mitspielen können. Allerdings gibt es sowohl gute als auch schlechte Prinzipien. Wir möchten uns natürlich an gute Prinzipien halten, wie sie Jehova in der Bibel aufgestellt hat. Wenn wir agápē mit anderen biblischen Begriffen für Liebe vergleichen, verstehen wir besser, was für eine Liebe von uns gefordert wird.
Liebe in der Familie
Eine Familie, in der eine herzliche Atmosphäre herrscht und in der alle zusammenhalten, ist etwas Schönes. Im Griechischen gab es das Wort storgḗ für die natürliche Zuneigung innerhalb der Familie. Auf diese Liebe 2. Tim. 3:1, 3). *
legen wir als Christen großen Wert. Doch Paulus sagte voraus, dass die meisten Menschen in den letzten Tagen „ohne natürliche Zuneigung“ sein würden (Die natürliche Liebe, die in der Familie herrschen sollte, ist in der heutigen Welt leider eine Seltenheit geworden: Warum gibt es so viele Abtreibungen? Warum vereinsamen die Eltern so oft im Alter? Warum steigt die Zahl der Scheidungen unaufhörlich an? Die eigentliche Ursache ist ein Mangel an natürlicher Zuneigung.
Hinzu kommt, dass die Bibel sagt: „Das Herz ist verräterischer als sonst irgendetwas“ (Jer. 17:9). Bei der Liebe in der Familie spielen Herz und Gefühle eine große Rolle. Es ist jedoch bemerkenswert, dass Paulus das Wort agápē gebrauchte, als er Ehemänner aufforderte, ihre Frauen zu lieben. Diese Liebe verglich er mit der Liebe, die Christus zur Versammlung hat (Eph. 5:28, 29). Sie gründet sich auf Prinzipien, die von Jehova, dem Urheber der Familie, stammen.
Echte Liebe zur Familie zeigt sich beispielsweise darin, dass man für seine betagten Eltern da ist und die Verantwortung für seine Kinder übernimmt. Eltern, die ihre Kinder lieben, werden sich auch nicht davor drücken, sie wenn nötig zu bestrafen. Sie werden ihnen nicht aus falsch verstandener Liebe alles durchgehen lassen (Eph. 6:1-4).
Erotische Liebe und biblische Prinzipien
Die körperliche Liebe in der Ehe ist ein Geschenk Gottes (Spr. 5:15-17). Die Griechen hatten dafür das Wort érōs, das die Bibelschreiber aber nicht verwendeten. Warum nicht? Der Wachtturm schrieb vor Jahren: „Heute scheint die ganze Welt den gleichen Fehler zu begehen wie einst die alten Griechen, die Eros als Gott verehrten, sich vor seinem Altar niederbeugten und ihm Opfer darbrachten. . . . Die Geschichte zeigt jedoch, dass dieser Kult zu Entartung, Sittenverderbnis und Ausschweifung führte. Vielleicht gebrauchten die Bibelschreiber das Wort érōs deswegen nicht.“ Erotische Gefühle dürfen uns für biblische Prinzipien nicht blind machen, damit wir keine Beziehung eingehen, bei der es nur auf Äußerlichkeiten ankommt. Man kann sich einmal fragen: Liebe ich meinen Partner von Herzen oder steht für mich die erotische Anziehung im Vordergrund?
In der „Blüte der Jugend“, wenn die sexuellen Gefühle besonders stark sind, schützen 1. Kor. 7:36; Kol. 3:5). Die Ehe ist ein Geschenk Jehovas und sie ist heilig. Jesus sagte: „Was . . . Gott zusammengejocht hat, bringe kein Mensch auseinander“ (Mat. 19:6). Wer das verstanden hat, wird fest zu seinem Partner halten, auch wenn die jugendliche Attraktivität verblasst ist. Bei Eheproblemen läuft man dann nicht einfach davon, sondern arbeitet an Eigenschaften, die Gott gefallen und die für dauerhaftes Glück in der Ehe ausschlaggebend sind (Eph. 5:33; Heb. 13:4).
biblische Prinzipien vor Unmoral (Liebe unter Freunden
Was wäre ein Leben ohne Freunde? Ein Bibelspruch lautet: „Da ist ein Freund, der anhänglicher ist als ein Bruder“ (Spr. 18:24). Jehova möchte, dass wir gute Freunde haben. Die enge Freundschaft zwischen David und Jonathan ist schon fast sprichwörtlich (1. Sam. 18:1). Und Jesus hatte „Zuneigung“ zu dem Apostel Johannes (Joh. 20:2). Das griechische Wort für „Zuneigung“ oder „Freundschaft“ heißt philía. Freundschaften in der Versammlung sind für uns alle wichtig. Doch in 2. Petrus 1:7 werden wir ermuntert, unsere „brüderliche Zuneigung“ (philadelphía, zusammengesetzt aus phílos [Freund] und adelphós [Bruder]) mit Liebe (agápē) zu koppeln. Das ist ein guter Rat für Freundschaften, die lange halten sollen. Fragen wir uns doch einmal: Halte ich mich auch bei meinen Freundschaften an biblische Prinzipien?
Gottes Wort bewahrt uns davor, parteiisch zu sein. Wir messen nicht mit zweierlei Maß: Nachsicht bei unseren Freunden und Härte bei denen, die uns nicht so liegen. Auch versuchen wir nicht, uns bei anderen einzuschmeicheln, um Freunde zu gewinnen. Aber was noch wichtiger ist: Biblische Prinzipien verhelfen uns zu einem klaren Blick für die richtigen Freunde und schützen uns vor schlechtem Umgang, der „nützliche Gewohnheiten verdirbt“ (1. Kor. 15:33).
Liebe, die zusammenschweißt
Die Liebe, die uns als Christen zusammenschweißt, ist etwas ganz Besonderes. Der Apostel Paulus schrieb: „Eure Liebe sei ungeheuchelt. . . . Habt in brüderlicher Liebe innige Zuneigung zueinander“ (Röm. 12:9, 10). Unsere ungeheuchelte Liebe (agápē) ist keine reine Gefühlssache, sondern sie beruht auf biblischen Prinzipien. Paulus nennt sie hier in einem Atemzug mit „brüderlicher Liebe“ (philadelphía) und „inniger Zuneigung“ (philóstorgos, zusammengesetzt aus phílos und storgḗ). Ein Gelehrter beschreibt die „brüderliche Liebe“ so: „Innige Liebe, die Freundlichkeit und Mitgefühl zeigt sowie Hilfe anbietet.“ Kombiniert mit agápē entsteht das enge Zusammengehörigkeitsgefühl, das für Jehovas Diener kennzeichnend ist (1. Thes. 4:9, 10). Der andere griechische Ausdruck (philóstorgos) — mit „inniger Zuneigung“ übersetzt — kommt in der Bibel nur ein Mal vor und beschreibt ein herzliches, inniges Verhältnis wie in einer Familie. *
Was uns als Christen zusammenschweißt, ist ein Zusammenspiel von familiärer Liebe und Freundesliebe, die beide von biblischen Prinzipien geprägt sind. Die Christenversammlung ist kein Klub oder Verein, sondern eine große Familie, in der alle zusammenhalten und im Glauben an Jehova fest vereint sind. Weil wir uns als Familie fühlen, nennen wir uns Bruder und Schwester und meinen das auch so. Gleichzeitig sind unsere Glaubensbrüder unsere Freunde und wir halten uns im Umgang mit ihnen an biblische Prinzipien. Jeder von uns kann seinen Beitrag dazu leisten, dass uns die Liebe, die das Markenzeichen der wahren Christenversammlung ist, noch mehr zusammenschweißt (Joh. 13:35).
[Fußnoten]
^ Abs. 5 Das Wort agápē wird auch in negativem Zusammenhang gebraucht (Joh. 3:19; 12:43; 2. Tim. 4:10; 1. Joh. 2:15-17).
^ Abs. 7 „Ohne natürliche Zuneigung“ (ástorgoi) kommt von storgḗ mit der verneinenden Vorsilbe a. Siehe auch Römer 1:31.
^ Abs. 18 In der Neuen-Welt-Übersetzung kommt der Ausdruck „innige Zuneigung“ nicht nur in Römer 12:10 vor. Auch andere griechische Wörter wurden so übersetzt (Phil. 1:8; 1. Thes. 2:8).
[Herausgestellter Text auf Seite 12]
Wie kann ich dazu beitragen, dass uns die Liebe zusammenschweißt?