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Vom Ehepartner hintergangen: Wie damit umgehen?

Vom Ehepartner hintergangen: Wie damit umgehen?

Vom Ehepartner hintergangen: Wie damit umgehen?

MARGARITA und ihr Mann Raúl dienten Jehova viele Jahre gemeinsam im Vollzeitdienst. * Doch bald nach der Geburt ihres ersten Kindes zog Raúl sich immer mehr von Jehova zurück. Später ging er wiederholt fremd und wurde aus der Christenversammlung ausgeschlossen. „Der Schmerz brachte mich fast um“, erzählt Margarita. „Ich war völlig verzweifelt und hatte keine Ahnung, wie es weitergehen sollte.“

Auch Jane musste erleben, wie ihr Vertrauen und ihre Liebe mit Füßen getreten wurde. Kurz nach ihrer Heirat fing ihr Mann an, sie zu misshandeln. „Als er mich das erste Mal schlug“, so Jane, „war ich total geschockt. Ich verstand die Welt nicht mehr und fühlte mich total gedemütigt. Doch jedes Mal, wenn es wieder passierte, flehte er mich hinterher an, ihm zu verzeihen. Ich meinte, als Christin sei ich verpflichtet, immer wieder zu vergeben und zu vergessen. Mich jemand anzuvertrauen hielt ich für illoyal; deshalb ging ich nicht einmal zu den Ältesten. Es war ein Kreislauf von Gewalt und Vergebung, und das ging jahrelang so. Die ganze Zeit fragte ich mich, wie ich meinen Mann dazu bringen könnte, mich doch zu lieben. Als er mich und unsere Tochter dann verließ, fühlte ich mich als Versagerin, als hätte ich nicht genug für meine Ehe getan.“

Geht es dir wie Margarita und Jane? Hat dein Mann dich betrogen und bist du emotionell und finanziell am Ende? Hat sogar dein Vertrauen zu Jehova gelitten? Oder ist deine Frau untreu geworden und du kommst weder über den Schmerz noch über das Alleinsein hinweg? Kein Zweifel, wir leben in „kritischen Zeiten . . ., mit denen man schwer fertig wird“. Gemäß dieser Prophezeiung steht in den „letzten Tagen“ vor allem die Familie unter Druck, weshalb natürliche Zuneigung in vielen Fällen völlig fehlt. Und nicht wenige geben nur vor, Gott zu dienen (2. Tim. 3:1-5). Wahre Christen bleiben von alldem leider nicht verschont. Wie kannst du dein Leben wieder in den Griff bekommen, falls dein Partner dich hintergangen hat?

Sieh dich mit den Augen Jehovas

Wahrscheinlich kannst du es zuerst gar nicht fassen, dass der Mensch, den du liebst, dich so tief verletzen konnte. Vielleicht wirfst du dir sogar vor, an seinem Fehlverhalten schuld zu sein.

Doch überlege einmal: Obwohl Jesus vollkommen war, wurde selbst er von jemandem betrogen, dem er vertraute und den er liebte. Jesus hatte lange gebetet und nachgedacht, ehe er seine engsten Gefährten, die Apostel, auswählte — alle zwölf waren vertrauenswürdige Diener Jehovas. Als Judas später „zum Verräter wurde“, muss Jesus tieftraurig gewesen sein (Luk. 6:12-16). Machte Jehova Jesus für das verantwortlich, was Judas tat? Nein.

Natürlich darf heute niemand von seinem Ehepartner Vollkommenheit erwarten; beide machen unweigerlich Fehler. Das bestätigen auch die inspirierten Worte eines Psalmisten: „Wären Vergehungen das, worauf du achtest, o Jah, o Jehova, wer könnte bestehen?“ (Ps. 130:3). Jehova nachzuahmen bedeutet für beide, über die Schwächen des anderen großzügig hinwegzusehen (1. Pet. 4:8).

Allerdings wird jeder „für sich selbst Gott Rechenschaft ablegen“ (Röm. 14:12). Wer sich angewöhnt, seinen Partner verbal und/oder körperlich zu misshandeln, macht sich vor Jehova schuldig und muss dafür vor ihm geradestehen. Jehova verabscheut Gewalt und verletzende Worte zutiefst; ein derart liebloses und respektloses Verhalten ist also durch nichts zu rechtfertigen (Ps. 11:5; Eph. 5:33; Kol. 3:6-8). Ein Christ, der sich immer wieder zu Wutanfällen hinreißen lässt und das weder bereut noch sich ändert, muss sogar aus der Versammlung ausgeschlossen werden (Gal. 5:19-21; 2. Joh. 9, 10). Wenn der unschuldige Partner die Ältesten ins Vertrauen zieht, braucht er deshalb keine Schuldgefühle zu haben. Er kann sicher sein: Jehova hat mit allen, die misshandelt werden, viel Mitgefühl.

Wer Ehebruch begeht, sündigt nicht nur gegen seinen Partner, sondern auch gegen Jehova (Mat. 19:4-9; Heb. 13:4). Der unschuldige Partner, der sich bemüht hat, nach biblischen Grundsätzen zu leben, hat keinen Grund, die Schuld für den Verrat und den Ehebruch bei sich zu suchen.

Mach dir bewusst, dass Jehova genau weiß, was in dir vorgeht. Er beschreibt sich selbst als der „eheliche Besitzer“ des Volkes Israel; sein Wort enthält viele zu Herzen gehende Passagen, die deutlich zeigen, wie sehr es ihn getroffen hat, als die Israeliten ihm untreu wurden (Jes. 54:5, 6; Jer. 3:1, 6-10). Vergiss bitte nie: Jehova entgeht keine einzige Träne, die du weinst, weil dein Ehepartner dich hintergangen hat (Mal. 2:13, 14). Und er weiß, wie sehr du Trost und Ermunterung brauchst.

Jehova sorgt für Trost — Wie?

Jehova kann zum Beispiel durch die Versammlung für Trost sorgen. Jane kann das nur bestätigen. „Als der Kreisaufseher zu uns kam, ging es mir gerade sehr schlecht“, erinnert sie sich. „Er wusste, wie niedergeschlagen ich war, weil mein Mann die Scheidung eingereicht hatte. Er nahm sich Zeit für mich und half mir, über Texte wie 1. Korinther 7:15 nachzudenken. Dank dieser Bibeltexte und seiner lieben Worte kam ich mit meinen Schuldgefühlen besser klar und fand wieder mehr inneren Frieden.“ *

Margarita erlebte ebenfalls, wie Jehova durch die Versammlung für konkrete Hilfe sorgt. Sie erzählt: „Als klar wurde, dass mein Mann nicht bereuen würde, zog ich mit meinen Kindern in eine andere Stadt, wo ich sofort eine kleine Wohnung fand. Am Tag nach unserer Ankunft war ich noch völlig aufgelöst; ich packte gerade unsere Sachen aus, als es klopfte. Ich dachte, es sei die Vermieterin, die direkt nebenan wohnte. Aber da stand die Schwester vor mir, die mit meiner Mutter die Bibel betrachtet und unserer Familie geholfen hatte, die Wahrheit kennenzulernen. Sie war eigentlich gekommen, um mit meiner Vermieterin die Bibel zu studieren, und war echt überrascht, mich zu sehen. Ich war unglaublich erleichtert — und total überwältigt. Unter Tränen erzählte ich ihr alles und am Ende weinten wir beide. Sie kümmerte sich sofort darum, dass wir noch am selben Tag zur Zusammenkunft gehen konnten. Die ganze Versammlung hat uns sehr lieb aufgenommen. Und die Ältesten haben mich dabei unterstützt, meine Kinder weiter im Glauben an Jehova zu erziehen.“

Wie andere helfen können

Die Einzelnen in der Versammlung können auf verschiedenste Weise praktische Hilfe leisten. Margarita beispielsweise musste jetzt eine Arbeit finden. Eine Familie in der Versammlung bot ihr an, sich um ihre Kinder zu kümmern, wenn diese aus der Schule kamen.

„Ganz besonders freue ich mich, wenn Brüder und Schwestern mit mir und meinen Kindern in den Predigtdienst gehen möchten“, sagt Margarita. Das ist eine gute Möglichkeit, wie alle mithelfen können, „einander die Bürden zu tragen“ und so „das Gesetz des Christus“ zu erfüllen (Gal. 6:2).

Wer wegen der Verfehlung eines anderen zu leiden hat, schätzt solche praktische Hilfe wirklich. Monique, die von ihrem Mann mit vier Kindern und mit umgerechnet 10 000 Euro Kreditkartenschulden sitzen gelassen wurde, berichtet: „Die Brüder und Schwestern in der Versammlung waren so lieb zu uns. Ich kann mir überhaupt nicht vorstellen, wie es ohne ihre Hilfe weitergegangen wäre. Jehova hat für wunderbare Brüder gesorgt, die alles für meine Kinder getan haben. Ich bin so froh, dass sie dank dieser Hilfe zu reifen Christen herangewachsen sind. Wenn ich einen Rat brauchte, standen mir die Ältesten zur Seite. Brauchte ich jemand zum Reden, hatten sie immer ein Ohr für mich“ (Mar. 10:29, 30).

Ein wahrer Freund merkt natürlich, wann es besser ist, die traurige Erfahrung des anderen nicht anzusprechen (Pred. 3:7). Margarita erzählt: „Es hat mir gut getan, mit den Schwestern in meiner neuen Versammlung über den Predigtdienst, unsere Bibelstudien oder die Kinder zu reden — über alles Mögliche, nur nicht über meine Probleme. Ich bin ihnen dankbar, dass sie mir geholfen haben, einen Schlussstrich zu ziehen und neu anzufangen.“

Keine Rachegedanken aufkommen lassen

Zu dem Selbstvorwurf, irgendwie an dem Fehlverhalten des Partners schuld zu sein, kommt manchmal noch ein anderes Gefühl — nämlich ohnmächtiger Zorn auf den anderen, weil er dafür verantwortlich ist, dass es einem jetzt so schlecht geht. Lässt man derartige Gefühle an sich nagen, kann das die Entschlossenheit schwächen, Jehova treu zu bleiben. Vielleicht sucht man dann sogar nach einer Möglichkeit, es dem untreuen Partner heimzuzahlen.

Falls sich solche Gefühle in dir anstauen, dann überlege doch einmal, was Josua und Kaleb mitmachten. Diese Glaubensmänner riskierten ihr Leben, als sie das Land der Verheißung auskundschafteten. Doch dann brachten die anderen Kundschafter, denen es an Glauben fehlte, das Volk dazu, Jehova nicht mehr zu gehorchen. Als Josua und Kaleb an die Israeliten appellierten, doch treu zu bleiben, wären sie um ein Haar gesteinigt worden (4. Mo. 13:25 bis 14:10). Letzten Endes mussten die beiden die Konsequenzen für den Ungehorsam des Volkes mittragen und 40 Jahre in der Wildnis umherziehen — und das, obwohl sie überhaupt keine Schuld traf.

So enttäuscht Josua und Kaleb auch gewesen sein müssen, sie ließen sich durch das Verhalten ihrer Brüder weder verbittern noch in ihrem Glauben erschüttern. Nach den 40 Jahren in der Wildnis wurden sie und die Leviten belohnt: Sie überlebten ihre untreuen Zeitgenossen und durften in das Land der Verheißung einziehen (4. Mo. 14:28-30; Jos. 14:6-12).

Das Verhalten deines untreuen Ehepartners kann dir länger zu schaffen machen, als dir lieb ist. Auch nach einer Scheidung leidest du womöglich noch unter emotionellen und finanziellen Härten. Lass aber nicht zu, dass dir nur noch düstere Gedanken im Kopf herumgehen. Überlass alles Jehova; er weiß am besten, wie mit Menschen umzugehen ist, die seine Normen einfach ignorieren. Das bekamen auch die treulosen Israeliten in der Wildnis zu spüren (Heb. 10:30, 31; 13:4).

Das Leben wieder in den Griff bekommen

Beschäftige dich intensiv mit den Gedanken Jehovas, statt dich von negativem Denken niederdrücken zu lassen. „Wachtturm- und Erwachet!-Aufnahmen anzuhören hat mir richtig gut getan“, erzählt Jane. „Auch die Zusammenkünfte haben mir viel Kraft gegeben. Ich habe mich möglichst viel beteiligt und war so von meinen Problemen abgelenkt. Mit dem Predigtdienst war es genauso. Es hat meinen eigenen Glauben sehr gestärkt, anderen zu helfen, Jehova kennenzulernen. Für Menschen da zu sein, die die Bibel studieren, hilft mir, mich auf wichtigere Dinge zu konzentrieren.“

Monique berichtet: „Regelmäßig in die Zusammenkünfte und sooft wie möglich in den Dienst zu gehen gibt mir die Kraft, weiterzumachen. Wir halten als Familie noch mehr zusammen und haben jetzt ein engeres Verhältnis zu den Brüdern und Schwestern. All der Kummer hat mir aber auch meine Schwächen bewusst gemacht. Das Ganze war für mich eine harte Bewährungsprobe, doch mit Jehovas Unterstützung komme ich wieder zurecht.“

Auch du kannst das schaffen! Natürlich tut es unglaublich weh, hintergangen zu werden. Beherzige bitte dennoch die inspirierte Ermunterung des Paulus: „Lasst uns nicht nachlassen, das zu tun, was vortrefflich ist, denn zu seiner Zeit werden wir ernten, wenn wir nicht ermatten“ (Gal. 6:9).

[Fußnoten]

^ Abs. 2 Einige Namen wurden geändert.

^ Abs. 13 Was die Bibel über Trennung und Scheidung sagt, wird in dem Buch „Bewahrt euch in Gottes Liebe“, Seite 125—130, 219—221 behandelt.

[Bild auf Seite 31]

Wer von seinem Ehepartner verlassen wurde, ist dankbar für liebevolle Unterstützung im Predigtdienst