Wie zuverlässig ist unser Gewissen?
„Das Ziel dieses Auftrags ist . . . Liebe aus reinem Herzen und gutem Gewissen und ungeheucheltem Glauben“ (1. TIM. 1:5)
1, 2. Von wem haben wir das Gewissen bekommen, und warum können wir dafür dankbar sein?
JEHOVA GOTT hat uns mit einem freien Willen erschaffen, also mit der Freiheit, zwischen mehreren Möglichkeiten zu wählen. Zusätzlich gab Gott den ersten Menschen sowie ihren künftigen Nachkommen einen wertvollen Wegweiser: das Gewissen, ein inneres Empfinden dafür, was richtig und falsch ist. Wenn wir es richtig einsetzen, kann es uns helfen, Gutes zu tun und Böses zu meiden. Das Gewissen ist daher ein Beweis für Gottes Liebe und für seinen Wunsch, dass alle Menschen Gutes tun.
2 Auch heute kann sich jeder von dem Gewissen leiten lassen. (Lies Römer 2:14, 15.) Obwohl die Lebensweise vieler weit von den Verhaltensnormen der Bibel abweicht, gibt es dennoch etliche, die Gutes tun und Böses verabscheuen. Und viele werden von ihrem Gewissen davon zurückgehalten, bösartig oder gewalttätig zu sein. Kaum auszudenken, wie schlimm es in der Welt aussehen würde, wenn niemand ein Gewissen hätte! Sicher würde noch viel mehr passieren, als es jetzt schon der Fall ist. Wir können wirklich dankbar sein, dass Gott den Menschen das Gewissen gegeben hat.
3. Warum beeinflusst jemand, der ein gut geschultes Gewissen hat, die Versammlung positiv?
3 Im Gegensatz zu vielen anderen wollen Diener Jehovas ihr Gewissen schärfen. Sie möchten, dass es auf Gottes Maßstäbe für Richtig und Falsch sowie Gut und Böse reagiert. Wer ein gut geschultes Gewissen hat, beeinflusst die Versammlung sehr zum Positiven. Doch es zu schärfen und darauf zu hören ist keine reine Kopfsache. Die Bibel verknüpft ein gutes Gewissen nämlich mit Glauben und Liebe. Paulus schrieb: „Das Ziel dieses Auftrags ist . . . Liebe aus reinem Herzen und gutem Gewissen und ungeheucheltem Glauben“ (1. Tim. 1:5). Wenn wir unser Gewissen schulen und darauf reagieren, wird die Liebe zu Jehova tiefer und der Glaube stärker. Wie wir uns von unserem Gewissen leiten lassen, zeigt, wie geistig gesinnt wir sind, wie es in unserem Herzen aussieht und wie sehr wir Jehova gefallen möchten. Ja, diese innere Stimme verrät, was für ein Mensch wir wirklich sind.
4. Wie können wir das Gewissen schärfen?
4 Wie können wir das Gewissen schärfen? Entscheidend ist, regelmäßig und unter Gebet die Bibel zu studieren, darüber nachzudenken und das umzusetzen, was wir gelernt haben. Es geht hier ganz klar um mehr als einfach nur darum, Wissen anzuhäufen und Regeln zu lernen. Wenn wir die Bibel studieren, sollte unser Bild von Jehova, seiner Persönlichkeit, seinen Eigenschaften und davon, was ihm gefällt oder missfällt, mit der Zeit immer klarer werden. Dann wird unser Gewissen immer mehr darauf abgestimmt, wie Jehova denkt. Das sollte in uns den Wunsch wecken, Jehova immer ähnlicher zu werden.
5. Was betrachten wir in diesem Artikel?
5 Doch vielleicht fragen wir uns: Wie kann uns ein gut geschultes Gewissen bei Entscheidungen unterstützen? Wie sollten wir auf die Gewissensentscheidungen von Glaubensbrüdern reagieren? Und wie motiviert uns das Gewissen, eifrig Gutes zu tun? Betrachten wir nun drei Bereiche, in denen uns das Gewissen positiv beeinflussen kann: 1. in Gesundheitsfragen, 2. in der Freizeit und 3. im Predigtdienst.
IN GESUNDHEITSFRAGEN VERNÜNFTIG SEIN
6. In welchem Bereich entstehen Fragen und müssen Entscheidungen getroffen werden?
6 Die Bibel fordert uns auf, alles zu meiden, was uns schaden könnte. Außerdem sollten wir uns nichts angewöhnen, was mangelnde Zurückhaltung verraten würde, wie etwa beim Essen oder Trinken (Spr. 23:20; 2. Kor. 7:1). Halten wir uns an biblische Grundsätze, können wir bis zu einem gewissen Grad unsere Gesundheit schützen, selbst wenn uns zunehmendes Alter oder Gebrechlichkeit zu schaffen machen. In einigen Ländern gibt es sowohl die Schulmedizin als auch eine Vielzahl von alternativen Heilmethoden. In den Zweigbüros gehen regelmäßig Briefe von Brüdern und Schwestern ein, die sich über verschiedene Therapien informieren und wissen möchten: „Kann ich als Diener Jehovas dieser Behandlungsmethode zustimmen?“
7. Was sollten wir bedenken, wenn es um medizinische Behandlungen geht?
7 Weder ein Zweigbüro noch die Ältesten sind berechtigt, einem Zeugen Jehovas in Gesundheitsfragen eine Entscheidung abzunehmen, selbst wenn er fragt, was er tun soll (Gal. 6:5). Sie können ihn nur auf das aufmerksam machen, was Jehova sagt, und ihn so bei seiner Entscheidung unterstützen. Beispielsweise haben wir das Gebot, uns von Blut zu enthalten (Apg. 15:29). Es schließt ganz klar alle medizinischen Behandlungen aus, bei denen Vollblut oder einer seiner vier Hauptbestandteile zugeführt werden. Dieses Gebot lässt jedoch Gewissensentscheidungen zu, wenn es um kleine Fraktionen geht, die aus einem dieser Hauptbestandteile gewonnen werden. a Welchen Rat gibt uns die Bibel noch, wenn es um Heilmethoden geht?
8. Wie kann uns Philipper 4:5 in Gesundheitsfragen helfen?
8 In Sprüche 14:15 heißt es: „Ein Unerfahrener glaubt jedem Wort, aber der Kluge achtet auf seine Schritte.“ Es gibt Krankheiten, gegen die noch kein Mittel bekannt ist. Seien wir also vorsichtig, wenn wir durch Hörensagen von Heilmethoden erfahren, die sensationelle Erfolge versprechen. Paulus schrieb ja: „Lasst eure Vernünftigkeit allen Menschen bekannt werden“ (Phil. 4:5). Vernünftigkeit hält uns auch davon ab, uns so sehr mit unserer Gesundheit zu beschäftigen, dass der Dienst für Jehova in den Hintergrund gedrängt wird. Wenn wir zulassen würden, dass die Sorge um die Gesundheit unser Leben bestimmt, könnten wir Gefahr laufen, ichbezogen zu werden (Phil. 2:4). Seien wir daher vernünftig, was unsere Gesundheit betrifft. Jehova zu dienen sollte das Wichtigste für uns sein. (Lies Philipper 1:10.)
9. Wie wirkt sich Römer 14:13, 19 auf Entscheidungen in Gesundheitsfragen aus, und was könnte die Einheit gefährden?
9 Wer vernünftig ist, drängt anderen seine Meinung nicht auf. In einem europäischen Land machte ein Ehepaar für bestimmte Nahrungsergänzungsmittel und eine spezielle Ernährungsweise begeistert Werbung. Es gab Glaubensbrüder, die sich von den Nahrungsergänzungsmitteln überzeugen ließen, andere allerdings nicht. Die erhofften Ergebnisse blieben jedoch aus und viele waren sehr verärgert. Natürlich durfte das Ehepaar für sich selbst entscheiden, wie es sich ernähren wollte. Aber war es vernünftig, die Einheit der Versammlung wegen Gesundheitsfragen aufs Spiel zu setzen? Im alten Rom ging eine Zeit lang die Meinung der Christen über das Essen bestimmter Speisen und das Einhalten gewisser Tage auseinander. Paulus riet ihnen deswegen: „Einer urteilt, ein Tag sei über einem anderen; ein anderer urteilt, ein Tag sei wie alle anderen; jeder Mensch sei in seinem eigenen Sinn völlig überzeugt.“ Es war daher wichtig, anderen „keine Ursache des Strauchelns zu geben“. (Lies Römer 14:5, 13, 15, 19, 20.)
10. Warum sollten wir die Gewissensentscheidungen anderer respektieren? (Siehe Anfangsbild.)
10 Es mag sein, dass wir die Gewissensentscheidung eines Glaubensbruders nicht ganz verstehen. Dann sollten wir nicht vorschnell über ihn urteilen oder ihn dazu drängen, seine Meinung zu ändern. Vielleicht ist sein Gewissen noch „schwach“ und muss weiter geschärft werden oder es reagiert manchmal überempfindlich (1. Kor. 8:11, 12). Es kann aber auch durchaus nötig sein, das eigene Gewissen zu überprüfen und noch weiter zu schulen, damit es mit den göttlichen Grundsätzen übereinstimmt. In Gesundheitsfragen sollte jeder selbst eine Entscheidung treffen und die Folgen tragen.
DAS GEWISSEN UND DIE FREIZEIT
11, 12. An welche biblischen Hinweise sollten wir bei unserer Freizeitgestaltung denken?
11 Der Mensch ist so erschaffen, dass er Erholung braucht und sie auch genießen kann. Wie Salomo schrieb, gibt es „eine Zeit zum Lachen“ und „eine Zeit zum Herumhüpfen“ (Pred. 3:4). Aber nicht jede Freizeitbeschäftigung wirkt sich gut aus. Es tut ebenfalls nicht gut, zu viel in die Freizeit hineinzupacken oder zu viel Zeit dafür zu investieren. Wie kann uns das Gewissen daher helfen, so zu entspannen, dass wir wirklich auftanken können?
12 Die Bibel warnt unter anderem vor den „Werken des Fleisches“. Dazu gehören Hurerei, Unreinheit, dreistes Verhalten, Götzendienst, Ausübung von Spiritismus, Feindschaften, Streit, Eifersucht, Wutausbrüche, Wortzänkereien, Spaltungen, Sekten, Neidereien, Trinkgelage, Schwelgereien und Ähnliches. Paulus schrieb, „dass die, die solche Dinge treiben, Gottes Königreich nicht erben werden“ (Gal. 5:19-21). Fragen wir uns also: „Warnt mich mein Gewissen, wenn im Sport aggressives und gewalttätiges Verhalten, Konkurrenzgeist oder nationalistisches Denken gefördert werden, und reagiere ich darauf? Meldet sich meine innere Stimme, wenn ich versucht bin mir einen Film anzusehen, in dem pornografische Szenen vorkommen oder Unmoral, Trunkenheit und Spiritismus gutgeheißen werden?“
13. Welche Grundsätze finden wir in 1. Timotheus 4:8 und Sprüche 13:20 zum Thema Freizeit?
13 In der Bibel finden wir Grundsätze, durch die wir das Gewissen schärfen können, was unsere Freizeitgestaltung angeht. Einer davon lautet: „Die Leibesübung ist zu wenigem nützlich“ — sie hat also einen gewissen Wert (1. Tim. 4:8). Viele folgern daher, dass regelmäßiger Sport gesundheitsfördernd ist sowie Körper und Geist belebt. Ist es aber gleichgültig, mit wem wir Sport machen? Sprüche 13:20 sagt: „Wer mit Weisen wandelt, wird weise werden, wer sich aber mit den Unvernünftigen einlässt, dem wird es schlecht ergehen.“ Somit sollten wir gut überlegen, wie und mit wem wir unsere Freizeit verbringen, und uns dabei von unserem biblisch geschulten Gewissen leiten lassen.
14. Wie wandte eine Familie die Grundsätze aus Römer 14:2-4 an?
14 Christian und Daniela sind die Eltern von zwei Teenagern. Christian erzählt: „Beim Studierabend haben wir einmal über das Thema Freizeit gesprochen. Wir waren uns einig: Vieles, was Spaß macht, ist in Ordnung, aber eben nicht alles. Wer ist zum Beispiel guter Umgang? Eine unserer Töchter hat sich beklagt, dass sich ihrer Meinung nach andere jugendliche Zeugen Jehovas an der Schule in der Pause nicht richtig verhalten. Und sie fühlte sich unter Druck gesetzt, sich ihnen anzupassen. Wir haben zusammen überlegt, dass jeder Mensch ein Gewissen hat. Es liegt aber an uns, auch darauf zu hören, wenn es darum geht, was wir tun und mit wem.“ (Lies Römer 14:2-4.)
15. Wie hilft uns Matthäus 6:33 bei der Freizeitplanung?
15 Dann ist da noch die Frage, welchen Stellenwert unsere Freizeitbeschäftigungen haben. Überlegen wir einmal: „Was kommt in meinem Leben zuerst? Plane ich meine Freizeit so, dass ich genügend Zeit für die Zusammenkünfte, den Predigtdienst und das persönliche Studium habe? Oder versuche ich, das alles noch irgendwie zwischen meine vielen Freizeitaktivitäten zu packen?“ Jesus sagte: „So fahrt denn fort, zuerst das Königreich und SEINE Gerechtigkeit zu suchen, und alle diese anderen Dinge werden euch hinzugefügt werden“ (Mat. 6:33). Motiviert uns das Gewissen, die Schwerpunkte im Leben so zu setzen, wie es uns Jesus rät?
DAS GEWISSEN UND DER PREDIGTDIENST
16. Welche Verbindung besteht zwischen dem Gewissen und dem Predigtdienst?
16 Ein zuverlässiges Gewissen warnt aber nicht nur. Es veranlasst uns auch, Gutes zu tun. Dazu gehört vor allem, von Haus zu Haus zu predigen und Gelegenheiten zu nutzen, um informell Zeugnis zu geben. Auch Paulus wurde von seinem Gewissen dazu gedrängt, denn er schrieb: „Eine Notwendigkeit ist mir auferlegt. Tatsächlich, wehe mir, wenn ich die gute Botschaft nicht verkündigte!“ (1. Kor. 9:16). Wenn wir es genauso machen wie er, dann hören wir auf unsere innere Stimme, die uns bestätigt, dass wir das Richtige tun. Und beim Predigen appellieren wir an das Gewissen der Menschen, denen wir von der guten Botschaft erzählen. Paulus sagte, dass wir uns durch das Verkündigen „der Wahrheit jedem menschlichen Gewissen vor Gott empfehlen“ (2. Kor. 4:2).
17. Wie reagierte eine junge Schwester auf ihr Gewissen?
17 Als Jacqueline 16 Jahre alt war, wurde im Biologieunterricht das Thema Evolution behandelt. „Ich konnte mich nicht wie sonst am Unterricht beteiligen. Mein Gewissen ließ es einfach nicht zu, weil ich nicht an die Evolutionstheorie glaube. Deswegen ging ich zu meinem Lehrer und erklärte ihm meinen Standpunkt. Ich war ganz überrascht, als er freundlich reagierte und mir vorschlug, vor der ganzen Klasse etwas über den Schöpfungsbericht zu erzählen.“ Jacqueline spürte eine tiefe innere Zufriedenheit, weil sie auf ihr biblisch geschultes Gewissen gehört hatte. Bewegt auch uns das Gewissen dazu, das Richtige zu tun?
18. Warum sollte es uns wichtig sein, dass unser Gewissen zuverlässig ist?
18 Wie gut es sich doch auswirkt, unser Leben immer mehr nach Jehovas Wegen und Maßstäben auszurichten. Und wie sehr uns doch das Gewissen dabei unterstützt! Wenn wir uns regelmäßig in Gottes Wort vertiefen und über das, was wir gelesen haben, nachdenken sowie uns anstrengen, es umzusetzen, wird unser Gewissen immer zuverlässiger. Dann wird es in unserem Leben als Diener Jehovas ein wertvoller Wegweiser sein!
a Siehe „Fragen von Lesern“ im Wachtturm vom 15. Juni 2004, Seite 29 bis 31.