Ist die Neue-Welt-Übersetzung eine genaue Bibelübersetzung?
Der erste Band der englischen Neuen-Welt-Übersetzung wurde 1950 veröffentlicht. Seitdem wurde die Genauigkeit der Neuen-Welt-Übersetzung a immer wieder kommentiert oder infrage gestellt, da sie sich an einigen Stellen von anderen Bibelübersetzungen unterscheidet. Die Gründe für die Unterschiede lassen sich meist einer der drei folgenden Kategorien zuordnen:
Zuverlässige Ausgangstexte. Die Neue-Welt-Übersetzung beruht auf dem aktuellen Wissensstand von Gelehrten und auf den zuverlässigsten alten Handschriften. Zum Vergleich: Bei der Lutherbibel von 1545 griffen die Übersetzer auf Manuskripte zurück, die oft nicht so genau und nicht so alt waren wie die, die für die Neue-Welt-Übersetzung zur Verfügung standen.
Originalgetreue Wiedergabe. Das Ziel der Neuen-Welt-Übersetzung ist, den ursprünglichen Inhalt von Gottes Wort gewissenhaft wiederzugeben (2. Timotheus 3:16). Im Gegensatz dazu opfern viele Übersetzungen eine originalgetreue Wiedergabe zugunsten von Traditionen, wenn sie zum Beispiel den Namen Gottes, Jehova, mit Titeln wie „Herr“ oder „Gott“ ersetzen.
Wortgetreue Übersetzung. Im Gegensatz zu freien Übersetzungen ist die Neue-Welt-Übersetzung wortgetreu übersetzt – solange dadurch der Sinn nicht entstellt oder die Wortwahl unnatürlich wird. Freie Übersetzungen dagegen sind manchmal noch durch persönliche Ansichten des Übersetzers gefärbt oder lassen einzelne wichtige Details weg.
Welche Unterschiede gibt es zwischen der Neuen-Welt-Übersetzung und anderen Bibelübersetzungen?
Fehlende Bibelbücher. In Bibeln der römisch-katholischen Kirche und der orthodoxen Ostkirchen findet man die sogenannten Apokryphen. Diese Bücher wurden allerdings nie in den jüdischen Kanon (Liste der Bibelbücher) aufgenommen. Spielt das eine Rolle? Ja, denn in der Bibel wird über die Juden direkt gesagt, dass „ihnen die heiligen Aussprüche Gottes anvertraut wurden“ (Römer 3:1, 2). Deswegen sind die Apokryphen in der Neuen-Welt-Übersetzung wie auch in vielen anderen modernen Bibelübersetzungen korrekterweise nicht enthalten.
Fehlende Bibelverse. In manchen Bibelübersetzungen wurden vereinzelt Sätze oder Bibelverse hinzugefügt, die in den ältesten Bibelhandschriften nicht enthalten sind. b In der Neuen-Welt-Übersetzung findet man diese Zusätze nicht. Viele moderne Übersetzungen lassen diese Texte ebenfalls weg oder merken an, dass sie sich nicht durch die gesicherten Quellen stützen lassen.
Anderer Wortlaut. An manchen Stellen kann eine Wort-für-Wort-Übersetzung unklar oder sogar irreführend sein. Ein Beispiel: In vielen Übersetzungen wird Jesu Aussage in Matthäus 5:3 so oder ähnlich wiedergegeben: „Glückselig die Armen im Geist“ (Elberfelder Bibel). Viele finden die wörtliche Wiedergabe „die Armen im Geist“ sehr schwer zu verstehen; andere verstehen sie so, dass Jesus den Wert von Demut oder finanzieller Armut hervorheben wollte. Allerdings ging es Jesus hier um etwas anderes: Echtes Glück ist nur dann möglich, wenn man sich bewusst ist, dass man Gottes Anleitung im Leben braucht. Die Neue-Welt-Übersetzung gibt den Text deswegen mit den Worten wieder: „Glücklich sind die, die sich ihrer geistigen Bedürfnisse bewusst sind.“ c
Kommentare von Gelehrten zur englischen Neuen-Welt-Übersetzung (New World Translation)
In einem Brief vom 8. Dezember 1950 schrieb der Bibelübersetzer und Gelehrte Edgar J. Goodspeed über die New World Translation of the Christian Greek Scriptures: „Ich bin von dem weltweiten Missionswerk Ihrer Leute angetan und freue mich sehr über die freie und lebendige Übersetzung. Man kann nur bestätigen, dass sie sich durch ein umfassendes, solides und seriöses Fachwissen auszeichnet.“
Allen Wikgren, Professor an der Universität Chicago, zählte die New World Translation zu den modernen Übersetzungen, die nicht einfach auf anderen Übersetzungen aufbauen, sondern sich oft durch „bereichernde unabhängige Formulierungen“ auszeichnen (The Interpreterʼs Bible, Band 1, Seite 99).
Über die New World Translation of the Christian Greek Scriptures schrieb der britische Bibelkritiker Alexander Thomson: „Die Übersetzung ist offensichtlich das Werk befähigter und kluger Gelehrter, die sich bemüht haben, den griechischen Text so getreu, wie es das Ausdrucksvermögen der englischen Sprache zulässt, wiederzugeben“ (The Differentiator, April 1952, Seite 52).
Obwohl er manche Formulierungen als ungewöhnlich empfand, sagte der Autor Charles Francis Potter: „Die anonymen Übersetzer haben ganz offensichtlich die besten hebräischen und griechischen Manuskripttexte verwendet und sind dabei mit akademischem Können und Scharfsinn vorgegangen“ (The Faiths Men Live By, Seite 300).
Robert M. McCoy schrieb in einer theologischen Zeitschrift, die New World Translation habe seiner Meinung nach sowohl ihre Eigenheiten als auch echte Vorzüge. Seine Rezension schloss er mit den Worten ab: „Die Übersetzung des Neuen Testaments beweist, dass zu der Bewegung Gelehrte gehören, die in der Lage sind, die vielen beim Übersetzen der Bibel auftretenden Probleme sinnvoll zu lösen“ (Andover Newton Quarterly, Januar 1963, Seite 31).
Professor S. MacLean Gilmour ging zwar mit einigen Wiedergaben in der New World Translation nicht einig, aber erkannte trotzdem an, dass die Übersetzer „über eine erstaunliche Sachkenntnis auf dem Gebiet der griechischen Sprache“ verfügten (Andover Newton Quarterly, September 1966, Seite 26).
In einer Rezension über die Kingdom Interlinear Translation of the Greek Scriptures schrieb Thomas N. Winter, außerordentlicher Professor an der Universität von Nebraska: „Die Übersetzung des ungenannten [Übersetzer-]Komitees ist völlig auf dem neusten Stand und durchweg genau“ (The Classical Journal, April-Mai 1974, Seite 376).
Professor Benjamin Kedar-Kopfstein, Hebraist aus Israel, sagte 1989: „Bei philologischen Untersuchungen im Bereich hebräische Bibel und Übersetzungen nehme ich des Öfteren Einsicht in die englische, unter dem Namen New World Translation bekannte Übersetzung. Dabei werde ich jedes Mal in meinem Eindruck bestärkt, dass dieses Werk ein ehrliches Bemühen um ein möglichst genaues Textverstehen erkennen lässt.“
Nach einer vergleichenden Betrachtung von neun bekannten englischen Bibelübersetzungen schrieb Jason BeDuhn, außerordentlicher Professor der Religionswissenschaften: „Die NW [New World Translation] ist unter den ausgewählten Übersetzungen die genaueste.“ Auch wenn viele Bibelgelehrte und andere meinen, die Unterschiede in der New World Translation würden auf den religiösen Vorstellungen der Übersetzer beruhen, sagte BeDuhn: „Die meisten Unterschiede gehen auf die größere Genauigkeit der NW zurück, weil sie die ursprünglichen Ausdrücke der Schreiber des Neuen Testaments wortgetreu und gewissenhaft wiedergibt“ (Truth in Translation, Seite 163, 165).
a Dieser Artikel bezieht sich auf Ausgaben der Neuen-Welt-Übersetzung vor 2013. Die deutsche Ausgabe der Neuen-Welt-Übersetzung ist übersetzt nach der revidierten englischen Ausgabe 1984 unter getreuer Berücksichtigung der hebräischen, aramäischen und griechischen Ursprache.
b Siehe zum Beispiel die Übersetzungen von Schlachter (2000) und Allioli (2003). Die hinzugefügten Texte sind: Matthäus 17:21; 18:11; 23:14; Markus 7:16; 9:44, 46; 11:26; 15:28; Lukas 17:36; 23:17; Johannes 5:4; Apostelgeschichte 8:37; 15:34; 24:7; 28:29; Römer 16:24. Beide Übersetzungen enthalten auch eine Passage in 1. Johannes 5:7, 8, welche die Dreieinigkeit stützen soll. Diese Passage wurde allerdings erst Jahrhunderte nach der ursprünglichen Niederschrift in den Bibeltext eingefügt.
c Diesen Gedanken vermitteln auch andere Übersetzungen, zum Beispiel mit den Worten: „Gott segnet die, die erkennen, dass sie ihn brauchen“ (Begegnung fürs Leben).