22. AUGUST 2017
ÖSTERREICH
Opfer des NS-Regimes: Kärnten ehrt 31 Zeugen Jehovas
SELTERS (Deutschland): Die Gemeinde Techelsberg in Österreich veranstaltete am Vormittag des 19. Mai 2017 eine Gedenkfeier für die von den Nationalsozialisten hingerichteten oder in Konzentrationslagern inhaftierten Zeugen Jehovas. Eine während der Veranstaltung enthüllte Gedenktafel würdigt die insgesamt 31 Zeugen Jehovas „aus Techelsberg und Umgebung, die Opfer des Nationalsozialismus wurden“.
Zu Beginn des Programms sang ein A-Capella-Chor bestehend aus 60 Sängerinnen und Sängern das Lied „Fest und entschlossen“. Der von den Nationalsozialisten während des Zweiten Weltkriegs inhaftierte Zeuge Jehovas Erich Frost hatte dieses Lied ursprünglich im Konzentrationslager Sachsenhausen komponiert. Eine Version davon wird immer noch weltweit von Jehovas Zeugen regelmäßig in ihren Gottesdiensten gesungen. Nach dem einleitenden Musikprogramm sprachen Johann Koban (Bürgermeister von Techelsberg), Peter Stocker (Enkel von Gregor Wohlfahrt senior, einem der Techelsberger Opfer), Prof. Peter Gstettner, Prof. Vinzenz Jobst und Dr. Peter Kaiser (Landeshauptmann von Kärnten) zu den rund 350 Anwesenden. Die österreichischen Nachrichtensender ORF 2 und ORF Kärnten sowie mehrere lokale Zeitungen berichteten über die Veranstaltung.
Während des Zweiten Weltkriegs kamen 212 der 550 österreichischen Zeugen Jehovas in Konzentrationslager. Wegen ihrer politischen Neutralität und ihrer Weigerung, den Krieg in irgendeiner Form zu unterstützen, betrachtete das NS-Regime Jehovas Zeugen irrtümlich als Bedrohung. In den Konzentrationslagern mussten Jehovas Zeugen zur Kennzeichnung einen lila Winkel auf der Häftlingskleidung tragen. Insgesamt wurden 154 Zeugen Jehovas aus Österreich Opfer des Holocaust.
Die fünf Zeugen Jehovas aus Techelsberg, die Opfer des NS-Regimes wurden (Johann Stossier, Anton Uran, Gregor Wohlfahrt senior, Gregor Wohlfahrt junior und Willibald Wohlfahrt), waren bisher auf einem Kriegerdenkmal als „vermisste Personen“ aufgeführt — eine historische Ungenauigkeit. Prof. Gstettner erklärte die Bedeutsamkeit der Gedenktafel. Sie ist ein „Zeichen, das die historische Wahrheit sichtbar zur Geltung bringt, jetzt an der richtigen Stelle als bleibende Erinnerung an jene Menschen, die mit unglaublichem Mut, mit ihrer ganzen Wahrhaftigkeit ihres Glaubens dafür Zeugnis gaben, dass Standhaftigkeit im Widerstand gegen die Zumutungen eines unmenschlichen Systems moralisch gerechtfertigt ist und letztlich siegreich bleibt.“
Johann Zimmermann, Sprecher von Jehovas Zeugen in Österreich, sagte: „Wir schätzen Veranstaltungen wie diese, weil sie den Mut und den Glauben würdigen, den Jehovas Zeugen trotz brutaler Verfolgung bewiesen haben. Wir hoffen, dass diese Veranstaltung als eine ernüchternde Erinnerung daran dient, zu welchen Gräueltaten es führen kann, wenn eine Minderheit irrtümlich als eine ernsthafte Bedrohung des Staates betrachtet wird.“
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