7. APRIL 2016
RUSSLAND
Russlands beispiellose Aktion: Zentrale von Jehovas Zeugen droht die Schließung
ST. PETERSBURG (Russland): Russische Behörden haben jetzt zum ersten Mal damit gedroht, die Zentrale von Jehovas Zeugen zu schließen.
In einer offiziellen Verwarnung vom 2. März 2016 drohte die russische Generalstaatsanwaltschaft, „die Religionsgemeinschaft aufzulösen“, sollten Jehovas Zeugen nicht innerhalb von zwei Monaten die „begangenen Rechtsverletzungen“ unterbinden, die von der Regierung als „extremistisch“ eingestuft worden waren. Jaroslaw Siwulski, ein Sprecher von Jehovas Zeugen in Russland, erklärt dazu: „Sollte unsere Zentrale geschlossen werden, würde sämtliches Eigentum beschlagnahmt und die Religionsausübung von Jehovas Zeugen schließlich verboten werden.“
Die Ironie dabei: Die Androhung, die Zentrale zu schließen, fiel fast zeitgleich auf den 25. Jahrestag der ersten rechtlichen Registrierung von Jehovas Zeugen in Russland. Am 27. März 1991 wurde die Zentrale, die in Solnetschnoje liegt (40 Kilometer nordwestlich von St. Petersburg), eingetragen und am 29. April 1999 erfolgte die erneute Registrierung. Die Androhung zur Schließung ist der jüngste Schritt in dem aggressiven Vorgehen der Regierung gegen Jehovas Zeugen. Im letzten Jahr verwehrten ihnen die Zollbehörden Importe von religiöser Literatur, darunter auch russische Bibeln. Außerdem verbot Russland als einziges Land der Welt die offizielle Website von Jehovas Zeugen (jw.org). „Das Anti-Extremismus-Gesetz wird fälschlich auf die Religionsausübung von Jehovas Zeugen in Russland angewandt“, so Herr Siwulski. „Jehovas Zeugen fechten diese Entscheide an. Wir wollen unsere Religion in Frieden ausüben und unser biblisches Bildungswerk in Ruhe durchführen, so wie wir es die vergangenen 125 Jahre getan haben.“
Allerdings sind russische Behörden wegen ihrer „Symbiose“ mit der russisch-orthodoxen Kirche gegenüber Jehovas Zeugen zunehmend feindlich eingestellt. Nach Aussagen internationaler Medien trägt die „enge Verbindung zwischen der Regierung und der russisch-orthodoxen Kirche“, so die New York Times, zu aggressivem Verhalten und verschärfter Gesetzgebung bei, um die Aktivitäten von Jehovas Zeugen und anderen religiösen Minderheiten zu unterdrücken. Die Nachrichtenagentur Associated Press berichtet: „Durch die jüngsten Schritte [der Regierung] gegen Jehovas Zeugen in Russland wurden auch Menschenrechtler alarmiert.“ Gemäß der Presseagentur Reuters sind solche Maßnahmen eine von vielen „gegen Zeugen Jehovas und etliche andere, die in dem großflächigen Netz der strafrechtlichen Verfolgung — möglich durch das russische Anti-Extremismus-Gesetz — gefangen sind“. Laut einem Beitrag, der im Dezember 2015 in der englischen Zeitung The Independent erschienen ist, wollte man mithilfe des russischen Gesetzes „terroristische Anschläge und Gewalt von Ultranationalisten ... verhindern“. Allerdings wird es auch dazu benutzt, „Mitglieder friedlicher Glaubensgemeinschaften zu verfolgen“, wie zum Beispiel Jehovas Zeugen, so erschienen in einem Beitrag vom 20. März 2016 in der Huffington Post. Jehovas Zeugen haben sich wegen dieser Missstände an russische Gerichte und den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gewandt. Allerdings hat Russland laut Aussage eines Beitrags in der Moscow Times vom 25. März 2016 ein neues Gesetz verabschiedet, das „russischen Gerichten das Recht gibt, Entscheidungen von internationalen Gerichten aufzuheben“.
Jehovas Zeugen nutzen die Zentrale in Russland, um kostenlose biblische Bildung für russische Bürger zu organisieren und zu fördern. Außerdem unterstützen und koordinieren erfahrene Geistliche von dort aus humanitäre Hilfsaktionen von anderen Zeugen Jehovas in Russland bei einem Katastrophenfall. In Russland leben über 146 Millionen Menschen, davon sind mehr als 175 000 Zeugen Jehovas.
David A. Semonian, Sprecher für Jehovas Zeugen in der Weltzentrale in New York, sagt: „Es enttäuscht uns zutiefst, dass die Regierung sogar damit droht, unsere Zentrale in Russland zu schließen. Jehovas Zeugen und viele andere weltweit sind sehr daran interessiert, wie sich der Fall entwickelt.“
Medienkontakt:
International: David A. Semonian, Office of Public Information, Telefon +1 718 560 5000
Russland: Jaroslaw Siwulski, Telefon +7 812 702 2691