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2. AUGUST 2017
RUSSLAND

Internationale Reaktionen auf die Entscheidung des Obersten Gerichts von Russland gegen Jehovas Zeugen

Internationale Reaktionen auf die Entscheidung des Obersten Gerichts von Russland gegen Jehovas Zeugen

Weltweit reagieren staatliche Behörden und Regierungsvertreter auf die Entscheidung des Obersten Gerichts von Russland, die Glaubensausübung von Jehovas Zeugen in Russland unter Strafe zu stellen. Das rigorose Vorgehen gegen eine religiöse Minderheit, die für ihre friedliche Religionsausübung bekannt ist, wird als ungerecht kritisiert.

Am 17. Juli 2017 bestätigte der aus drei Richtern bestehende Appellationssenat des Obersten Gerichts die am 20. April gefällte Entscheidung, „die Zentrale von Jehovas Zeugen in Russland sowie deren örtliche Rechtskörperschaften, die Teil der Organisationsstruktur sind, aufzulösen und sämtliches Eigentum an die Russische Föderation zu übertragen“. Diese Entscheidung verbietet praktisch jegliche Glaubensausübung von Jehovas Zeugen in ganz Russland.

Stellungnahmen zur Entscheidung des Appellationssenats vom 17. Juli 2017

Der Appellationssenat des Obersten Gerichts von Russland bestätigte am 17. Juli 2017 die Entscheidung vom 20. April desselben Jahres. Im Folgenden einige Auszüge aus Stellungnahmen dazu:

„Wir sind äußerst besorgt über die Entscheidung des Obersten Gerichts von Russland, den Berufungsantrag abzuweisen, mit dem sich Jehovas Zeugen gegen ihre Einstufung als ‚Extremisten‘ wehren. Diese Entscheidung stellt die friedliche Glaubensausübung von 175 000 russischen Bürgern unter Strafe und verletzt das Recht auf Religionsfreiheit, das in der russischen Verfassung verankert ist.“ (Lord Ahmad of Wimbledon, Minister für Menschenrechte, Amt des Auswärtigen und des Commonwealth, Großbritannien) https://www.gov.uk/government/news/minister-for-human-rights-statement-on-russian-supreme-court-ruling

„Die Entscheidung des Obersten Gerichts von Russland gegen Jehovas Zeugen in dieser Woche ist das jüngste Beispiel einer beunruhigenden Tendenz in Russland, religiöse Minderheiten zu verfolgen. Wir fordern die russischen Behörden auf, das Verbot religiöser Aktivitäten von Jehovas Zeugen aufzuheben, die Schließung der Zentrale von Jehovas Zeugen rückgängig zu machen und alle Mitglieder von religiösen Minderheiten freizulassen, die wegen sogenannt ‚extremistischer‘ Aktivitäten inhaftiert sind.“ (Heather Nauert, Sprecherin des US-Außenministeriums) https://www.state.gov/r/pa/prs/ps/2017/07/272679.htm

„Jehovas Zeugen müssen die Versammlungsfreiheit wie alle anderen religiösen Gruppen in Frieden und ohne Einschränkungen genießen können, wie es in der Verfassung der Russischen Föderation sowie durch Russlands völkerrechtliche Verpflichtungen und internationale Menschenrechtsstandards garantiert wird.“ (Sprecher des Europäischen Auswärtigen Dienstes) https://eeas.europa.eu/headquarters/headquarters-homepage/30022/statement-spokesperson-upheld-ban-activities-jehovahs-witnesses-russia_en

„Leider setzt die Regierung die friedliche Ausübung der Religionsfreiheit weiterhin mit Extremismus gleich, das lässt die Entscheidung des Obersten Gerichts deutlich erkennen. Jehovas Zeugen sind keine extremistische Gruppe und sollten ihren Glauben ganz offen und frei sowie ohne staatliche Unterdrückung ausüben können.“ (Daniel Mark, Vorsitzender der US-Kommission für internationale Religionsfreiheit) http://www.uscirf.gov/news-room/press-releases/russia-jehovah-s-witnesses-banned-after-supreme-court-rejects-appeals

„Ich bin sehr besorgt über die Bestätigung des gerichtlichen Verbots der Zeugen Jehovas in Russland. Damit wird — trotz unserer Appelle auf verschiedenen Ebenen — die friedliche Ausübung des Rechts auf Religions- und Weltanschauungsfreiheit unter Strafe gestellt.“ (Gernot Erler, Koordinator der Bundesregierung für die zwischengesellschaftliche Zusammenarbeit mit Russland, Zentralasien und den Ländern der Östlichen Partnerschaft, Auswärtiges Amt, Deutschland) http://www.auswaertiges-amt.de/sid_5DAC942B7DE50BCC4AFCDFC864C2E383/DE/Infoservice/Presse/Meldungen/2017/170719-Ko_RUS-Zeugen_Jehovas.html

„Russlands kürzlich gefällte Entscheidung, Jehovas Zeugen als anerkannte Religionsgemeinschaft in Russland zu verbieten, ist wirklich empörend und eine absolute Verletzung des in Artikel 18 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte formulierten Rechts auf Religions- und Glaubensfreiheit. . . . Gute Menschen jeder Glaubensrichtung und alle, denen die Gewissensfreiheit am Herzen liegt, müssen den Zeugen Jehovas in Russland ihre Solidarität zeigen.“ (Dr. Katrina Lantos Swett, Präsidentin der Lantos-Stiftung) https://www.lantosfoundation.org/news/2017/7/17/lantos-foundation-condemns-russias-outrageous-decision-to-ban-jehovahs-witnesses

Stellungnahmen zur Entscheidung des Obersten Gerichts vom 20. April 2017

Vor der Entscheidung des Appellationssenats verurteilten viele staatliche Behörden und Regierungsvertreter die Entscheidung des Obersten Gerichts Russlands vom 20. April:

„Ich habe Präsident Wladimir Putin gebeten, seinen Einfluss hier geltend zu machen, um diese Minderheitenrechte zu gewährleisten, genauso wie das auch im Umgang mit den Zeugen Jehovas gilt.“ (Bundeskanzlerin Angela Merkel in einer Pressekonferenz mit dem russischen Präsidenten Putin) https://www.bundesregierung.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2017/05/2017-05-02-pk-merkel-putin-sotschi.html

„Die jüngste Entscheidung des Obersten Gerichts, die Zentrale von Jehovas Zeugen in der Russischen Föderation als extremistisch einzustufen und sie samt der 395 örtlichen Rechtskörperschaften von Jehovas Zeugen aufzulösen, ist Anlass zu ernster Besorgnis über die Religionsfreiheit in Russland. Sie ist außerdem ein weiteres Beispiel für den Missbrauch des Extremismusgesetzes mit dem Ziel, die Meinungs- und Versammlungsfreiheit einzuschränken.“ (Theodora Bakoyannis und Liliane Maury Pasquier, Co-Berichterstatter des PACE-Monitoring-Komitees für die Russische Föderation, Parlamentarische Versammlung des Europarats) http://assembly.coe.int/nw/xml/News/News-View-EN.asp?newsid=6599

„Russlands Missachtung der Religionsfreiheit ist eine weitere unentschuldbare Verletzung von Moskaus OSZE-Verpflichtungen (Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa). Wer seine Religion friedlich ausübt, sollte unter keinen Umständen Schikanen, Geld- oder Gefängnisstrafen befürchten müssen. Die vom Gericht angeordnete Beschlagnahmung des Eigentums von Jehovas Zeugen treibt das Ganze auf die Spitze. Ich hoffe, dieser Fall wird dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte vorgelegt.“ (Senator Roger Wicker, Vorsitzender der Kommission über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa) http://csce.emailnewsletter.us/mail/util.cfm?gpiv=2100141660.2454.614

„Die gestrige Entscheidung des Obersten Gerichts der Russischen Föderation, die Aktivitäten der Zentrale von Jehovas Zeugen in Russland als ‚extremistisch‘ zu verbieten, könnte die Strafverfolgung von Zeugen Jehovas ermöglichen, und zwar schon für bloße Glaubensausübung. Jehovas Zeugen müssen die Versammlungsfreiheit wie alle anderen religiösen Gruppen in Frieden und ohne Einschränkungen genießen können, wie es in der Verfassung der Russischen Föderation sowie durch Russlands völkerrechtliche Verpflichtungen und internationale Menschenrechtsstandards garantiert wird.“ (Sprecher des Europäischen Auswärtigen Dienstes) https://eeas.europa.eu/headquarters/headquarters-homepage/24870/statement-ban-activities-jeho

„Die friedlichen Aktivitäten der Gemeinden von Jehovas Zeugen in Russland wurden unter Strafe gestellt, und dadurch entzieht man ihnen die Existenzgrundlage im Land. Das bereitet mir große Sorge. Diese Entscheidung des Obersten Gerichts stellt eine Bedrohung für die Werte und Prinzipien dar, die die Grundpfeiler einer demokratischen, freien, offenen, pluralistischen und toleranten Gesellschaft ausmachen.“ (Michael Georg Link, Direktor des Büros für demokratische Institutionen und Menschenrechte der OSZE) http://www.osce.org/odihr/313561

„Das Verbot, durch das friedliche Bürger für bloße Glaubensausübung verfolgt werden, verstößt klar gegen das Grundrecht der Religionsfreiheit und somit gegen internationale Menschenrechte, die auch in der Russischen Verfassung garantiert werden. Daher muss es so schnell wie möglich revidiert werden.“ (Prof. Ingeborg Gabriel, Persönliche Beauftragte des Amtierenden Vorsitzenden der OSZE zur Bekämpfung von Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Diskriminierung) http://www.osce.org/odihr/313561

„Ich bin über die Entscheidung des Obersten Gerichts von Russland, Jehovas Zeugen als ‚Extremisten‘ einzustufen, sehr beunruhigt. Diese Entscheidung stellt die friedliche Glaubensausübung von 175 000 russischen Bürgern unter Strafe und verletzt das Recht auf Religionsfreiheit, das in der russischen Verfassung verankert ist. Das Vereinigte Königreich fordert die russische Regierung auf, ihrer internationalen Verpflichtung gegenüber diesem Grundrecht nachzukommen.“ (Baroness Joyce Anelay, ehemalige Staatssekretärin im Amt des Auswärtigen und des Commonwealth) https://www.gov.uk/government/news/minister-for-human-rights-criticises-russian-supreme-court-ruling-for-labelling-jehovahs-witnesses-as-extremist

Entscheidung von Russlands Oberstem Gericht auf internationaler Ebene verurteilt

Am 20. Juli 2017 schloss sich der Ständige Rat der OSZE einer Erklärung der Europäischen Union (EU) an. Darin wird Russland aufgefordert, Jehovas Zeugen die Ausübung der „Versammlungsfreiheit . . . in Frieden und ohne Einschränkungen“ zu gewähren, „wie es in der Verfassung der Russischen Föderation sowie durch Russlands völkerrechtliche Verpflichtungen und internationale Menschenrechtsstandards garantiert wird“. Die Erklärung wurde in Wien einstimmig von allen 28 EU-Mitgliedsstaaten verabschiedet und andere Nicht-EU-Mitgliedsstaaten wie Australien, Kanada und Norwegen stimmten ihr ebenfalls zu. https://eeas.europa.eu/sites/eeas/files/pc_1155_eu_jehovahs_witnesses_in_russia.pdf

Jehovas Zeugen auf der ganzen Welt sind überaus enttäuscht von der willkürlichen Entscheidung des Obersten Gerichts, durch die ihre Religionsausübung in Russland quasi verboten wurde. Internationale staatliche Behörden und Regierungsvertreter prangern in ihren Reaktionen die ungerechtfertigte Einstufung von Jehovas Zeugen als „Extremisten“ an und erklären, dass Russland dadurch sowohl seine eigenen verfassungsmäßigen Verpflichtungen als auch internationale Verpflichtungen zum Schutz der Religionsfreiheit ignoriert. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte wird noch über diesen Fall verhandeln und das landesweite Verbot hoffentlich aufheben.