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31. JULI 2014
RUSSLAND

Gericht in Taganrog verurteilt Zeugen Jehovas wegen ihrer Religionsausübung

Gericht in Taganrog verurteilt Zeugen Jehovas wegen ihrer Religionsausübung

Am 30. Juli 2014 verurteilte das Gericht im russischen Taganrog 7 der 16 angeklagten Zeugen Jehovas aus Taganrog, weil sie friedliche Gottesdienste organisiert und besucht haben. Sie wurden allein wegen ihrer Religionsausübung angeklagt — obwohl sie ihren Glauben nicht anders ausleben als alle anderen Zeugen Jehovas rund um die Erde. Das Urteil schafft damit einen Präzedenzfall, der eine ernste Gefahr für die Religionsfreiheit von Zeugen Jehovas in ganz Russland ist.

Der Richter hatte die Urteilsverkündung ursprünglich für den 28. Juli angesetzt, dann aber auf den Folgetag verschoben. Am 29. Juli verlas er den ganzen Tag über das 100-seitige Urteil und fuhr damit am Vormittag des 30. Juli fort. Er verurteilte vier Älteste zu Gefängnisstrafen von fünf bis fünfeinhalb Jahren sowie zu einer Geldstrafe von 100 000 Rubel (2 100 Euro). Drei andere Zeugen Jehovas verurteilte er zu Geldstrafen von jeweils zwischen 50 000 und 60 000 Rubel (1 050 Euro bis 1 260 Euro). Alle Geldstrafen wurden erlassen, da die Ermittlungen und der Prozess die Verjährungsfrist schon überschritten hatten, und die Gefängnisstrafen wurden zur Bewährung ausgesetzt. Die übrigen neun Zeugen Jehovas wurden freigesprochen.

In der Urteilsbegründung berief sich der Richter auf das Urteil des Bezirksgerichts Rostow vom September 2009. Damals hatte das Gericht entschieden, die örtliche Rechtskörperschaft von Jehovas Zeugen in Taganrog aufzulösen. Obwohl sich das Urteil von 2009 nur auf die Rechtskörperschaft bezog, war der Richter der Überzeugung, dass damit auch die Religionsausübung aller Zeugen Jehovas in Taganrog und den umliegenden Bezirken verboten war.

Im Laufe des 15-monatigen Prozesses sagten alle Angeklagten aus, dass sie als Zeugen Jehovas ihren Glauben nicht aufgeben, sondern weiterhin ausüben werden. Das könnte für diejenigen, die jetzt verurteilt wurden, zu einer Inhaftierung als Wiederholungstäter führen.

Victor Schenkow, einer der Rechtsanwälte, sagte dazu: „Mich beunruhigt, was diese Entscheidung für Jehovas Zeugen in Russland bedeuten kann. Die Strafverfolgungsbehörden in Taganrog und ganz Russland können dieses Urteil für einen Propagandafeldzug benutzen, um Zeugen Jehovas weiter zu schikanieren und zu verfolgen — jetzt mit der realen Bedrohung, sie allein schon wegen ihrer Religionsausübung zu inhaftieren.“

Die Zeugen Jehovas in Taganrog legen jetzt beim Bezirksgericht Rostow Berufung ein.