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2. JUNI 2014
RUSSLAND

Strafprozess gegen Zeugen Jehovas in Russland geht in Taganrog weiter

Strafprozess gegen Zeugen Jehovas in Russland geht in Taganrog weiter

Der Strafprozess gegen 16 Zeugen Jehovas wurde im Mai 2014 vor dem Gericht Taganrog fortgeführt. Dies ist der einzige Fall in Russland, in dem russische Bürger unter Androhung von Strafverfolgung bedrängt werden, ihrem Glauben abzuschwören. Einer der Angeklagten berichtet: „Sie wollen, dass ich genauso bin wie alle anderen. Ich soll nicht anders sein, ich soll nicht irgendwohin gehen und mit anderen über die Bibel sprechen. Ich hab keine Ahnung, was als Nächstes kommt.“

Seit 2009 wenden russische Behörden das „Gesetz zur Bekämpfung extremistischer Aktivitäten“ missbräuchlich gegen die Religionsausübung von Zeugen Jehovas an, und zwar mit zunehmender Intensität. Victor Schenkow, ein Anwalt der Zeugen Jehovas, bemerkt dazu: „Ich habe die Ereignisse der letzten Jahre, die im Zusammenhang mit der Strafverfolgung von Jehovas Zeugen stehen, untersucht und bin zu dem Schluss gekommen, dass sich die Behörden zu einem anhaltenden und gezielten Kampf gegen Jehovas Zeugen zusammengeschlossen haben.“ Die Haltung der Behörden in Taganrog ist aggressiver geworden. Sie verhalten sich Zeugen Jehovas gegenüber so, als ob deren Religionsausübung in dieser Region verboten wäre; dabei sind Jehovas Zeugen in der Russischen Föderation seit 1992 registriert. Die Absicht dahinter ist klar. Ein anderer Angeklagter erzählt, was er erlebt hat: „Der Ermittlungsbeamte sagte zu mir ganz direkt: ‚Unterschreiben Sie hier auf diesem Dokument, dass Sie kein Zeuge Jehovas mehr sein wollen. Dann stellen wir das Verfahren gegen Sie ein und Sie können gehen, wohin Sie wollen.‘“

Den 16 Zeugen Jehovas drohen im Falle einer Verurteilung Geldstrafen, Zwangsarbeit oder Gefängnis — je nachdem, wie das Gericht entscheidet. Falls sie verurteilt werden, ist die Religionsfreiheit in ganz Russland in Gefahr. Für alle Zeugen Jehovas in Russland hieße das, dass sie schon allein wegen ihrer friedlichen religiösen Aktivitäten mit ähnlicher Strafverfolgung rechnen müssten. Aljona Borodina, ebenfalls Anwältin der Angeklagten, kommentiert: „Zeugen Jehovas müssen ständig Störungen von Behörden erdulden. Ihre Literatur steht auf der Liste extremistischer Materialien. Wenn Gerichte ein Buch als extremistisch einstufen, muss es vernichtet werden. Ein Schriftsteller sagte einmal: ‚Dort, wo man Bücher verbrennt, verbrennt man auch am Ende Menschen.‘ Die Religionsfreiheit ist also ernsthaft in Gefahr.“

Das Urteil wird voraussichtlich im Juni 2014 gefällt. Zeugen Jehovas auf der ganzen Erde und viele andere, denen Religionsfreiheit wichtig ist, blicken gespannt auf den Ausgang der Sache.