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27. JULI 2015
RUSSLAND

Russland verbietet offizielle Website von Jehovas Zeugen

Russland verbietet offizielle Website von Jehovas Zeugen

Sieben Monate, nachdem das Oberste Gericht von Russland die offizielle Website von Jehovas Zeugen (www.pr418.com) für extremistisch erklärt hatte, hat Russland diese Website jetzt verboten. Das Verbot trat am 21. Juli 2015 in Kraft, als das russische Justizministerium jw.org auf die offizielle Liste extremistischer Materialien setzte. Internetprovider in ganz Russland haben den Zugriff auf die Website blockiert; es gilt als Straftat, andere aufzufordern, die Website in Russland zu besuchen. Russland ist das einzige Land weltweit, das jw.org verboten hat.

Wie es zum Verbot von JW.ORG kam

Jehovas Zeugen in Russland hatten keine Kenntnis davon, dass Behörden 2013 in Twer verdeckt rechtliche Schritte eingeleitet hatten, um gegen die Website vorzugehen. Der Staatsanwalt von Twer hatte beim Bezirksgericht eine Klage eingereicht, um jw.org verbieten zu lassen, weil es darauf einige religiöse Publikationen gab, die zuvor von russischen Gerichten als extremistisch eingestuft worden waren. a Am 7. August gab das Gericht der Klage des Staatsanwalts statt und erklärte jw.org für extremistisch, ohne Jehovas Zeugen zu informieren.

Als Jehovas Zeugen einen Monat später durch die lokalen Medien von der Entscheidung erfuhren, legten sie Rechtsmittel ein und entfernten freiwillig die entsprechenden Publikationen für Nutzer in Russland. Am 22. Januar 2014 hob das Regionalgericht in Twer die Entscheidung der ersten Instanz auf, weil es für das Verbot von jw.org keine rechtliche Grundlage gab und die Betreiber der Website bei dem Verfahren hätten einbezogen werden müssen.

Doch der stellvertretende Generalstaatsanwalt S. G. Kechlerow war mit der Entscheidung des Gerichts nicht zufrieden und brachte den Fall vor das Oberste Gericht von Russland. Jehovas Zeugen wurden nicht ordnungsgemäß über die Anhörung informiert; dennoch fand die Revisionsverhandlung am 2. Dezember 2014 in Abwesenheit der Verteidigung statt.

Das Oberste Gericht bestätigte, dass Jehovas Zeugen die Publikationen kurz nach der Entscheidung der ersten Instanz im August 2013 entfernt hatten. Allerdings hielt es völlig haltlos entgegen, die Publikationen könnten jederzeit wieder auf der Seite erscheinen. Deswegen hob das Oberste Gericht die Entscheidung des Regionalgerichts wieder auf, bestätigte das Urteil der ersten Instanz und erklärte jw.org für extremistisch. b Jehovas Zeugen reichten eine Aufsichtsbeschwerde beim Obersten Gericht ein, wurden aber abgewiesen. Sie reichten auch eine Beschwerde beim Vorsitzenden des Obersten Gerichts ein, der diese allerdings am 8. Juli 2015 abwies.

Entscheidung bedroht Religionsfreiheit

Jehovas Zeugen halten die Entscheidung des Obersten Gerichts für willkürlich und ungerechtfertigt, weil keine der als extremistisch eingestuften Publikationen seit Herbst 2013 auf der Website in Russland verfügbar war. Nach der Entscheidung wurden Internetprovider angewiesen, den Zugriff auf jw.org in Russland zu blockieren. Damit wird der Zugriff auf die Bibel in über 130 Sprachen sowie auf biblische Publikationen in über 700 Sprachen blockiert, Russisch und Russische Gebärdensprache eingeschlossen. Wer in Russland andere zum Aufrufen der Website auffordert, wird aufgrund sogenannter extremistischer Handlungen verwaltungs- oder strafrechtlich verfolgt. Durch das Verbot haben über 170 000 Zeugen Jehovas keinen Zugang mehr zu dieser sehr wichtigen Quelle für ihr Glaubensleben.

Die Entscheidung des Obersten Gerichts kommt auch einigen anderen russischen Behördenvertretern sehr gelegen, die die friedliche Religionsausübung von Jehovas Zeugen unterdrücken wollen. Solange das Extremismus-Gesetz in Russland falsch angewandt wird, ist die Religionsfreiheit in Russland eingeschränkt und weiter gefährdet. Jehovas Zeugen hoffen sehr darauf, dass unvoreingenommene Behördenvertreter das grundlegende Menschenrecht auf Religionsfreiheit und das Recht auf ein faires Gerichtsverfahren verteidigen — wie es auch durch Russlands Verfassung und die internationalen Abkommen Russlands garantiert wird.

a Russische Gerichte haben insgesamt 78 Publikationen von Jehovas Zeugen für extremistisch erklärt (Stand: 1. Juni 2015). Jehovas Zeugen haben gegen diese Entscheidungen Rechtsmittel eingelegt, sowohl bei russischen Gerichten als auch beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte.

b Der stellvertretende Generalstaatsanwalt legte Revision ein und die Zivilkammer des Obersten Gerichts entschied dann darüber.