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Königreichssaal in Brjanka (Region Lugansk), beschlagnahmt am 26. März 2015

13. DEZEMBER 2016
UKRAINE

Einschränkung der Religionsfreiheit im Osten der Ukraine hält an

Einschränkung der Religionsfreiheit im Osten der Ukraine hält an

In den östlichen Teilen der Ukraine leben Menschen täglich in Angst und Unsicherheit, was einen normalen Alltag unmöglich macht. Die Krise löst auch bei Jehovas Zeugen in der Region nach wie vor große Besorgnis und Beklemmung aus. Neben der allgemein unsicheren Lage ist auch die religiöse Diskriminierung höchst beunruhigend. Bewaffnete Männer haben einige Königreichssäle (Gotteshäuser von Jehovas Zeugen) beschlagnahmt. Ihr Ziel ist es, „Jehovas Zeugen [aus der Ostukraine] zu vertreiben“, da ihrer Meinung nach die orthodoxe Kirche die einzige anerkannte Religion in der Ukraine ist.

Beschlagnahme von Königreichssälen

Zwischen Juni 2014 und November 2016 haben militante Gruppen 18 Königreichssäle gewaltsam beschlagnahmt, um sie für ihre Zwecke zu missbrauchen. Einige Säle wurden zu Kasernen umfunktioniert. Die meisten dieser Beschlagnahmungen fanden zwar zu Beginn der Krise 2014 statt, aber einige Königreichssäle wurden erst vor Kurzem beschlagnahmt.

Verwüsteter Königreichssaal in Horliwka (ul. Simferopolska 9)

Am Morgen des 22. Juli 2016 trafen sich einige Zeugen Jehovas in Horliwka zum Gottesdienst in einem Königreichssaal (ul. Wittschysnjana 105a), als bewaffnete Männer das Gebäude stürmten und jeden aufforderten, das Haus sofort zu verlassen. Die Männer durchwühlten alles und entfernten alle Möbel und das Inventar. Dasselbe Gebäude wurde bereits am 29. November 2014 beschlagnahmt, aber sehr bald von den Männern wieder freigegeben. Jehovas Zeugen haben es danach wieder als Gotteshaus verwendet, bis es im Juli abermals beschlagnahmt wurde.

Drei Tage später stürmten bewaffnete Männer einen weiteren Königreichssaal in Horliwka (ul. Simferopolska 9). Sie plünderten alles, selbst die Heizkörper, und entfernten sogar den Grundstückszaun des Gebäudes. Die Versammlungen (Gemeinden), die diesen Saal normalerweise nutzen, mussten nach anderen Möglichkeiten suchen, um sich für ihre Gottesdienste treffen zu können.

Jehovas Zeugen gehen weiter regelmäßig zu Gottesdiensten

Einige Versammlungen, die aus ihren Königreichssälen vertrieben wurden, haben sich in kleineren Gruppen organisiert, um die Aufmerksamkeit militanter Gruppen nicht unnötig auf sich zu ziehen. Andere Zeugen Jehovas reisen zu Königreichssälen außerhalb der Krisenregionen. Dafür nehmen sie zusätzliche Kosten und widrige Reisebedingungen in Kauf. Wem das Reisen aufgrund des hohen Alters oder wegen schlechter Gesundheit nicht möglich ist, kann die Zusammenkünfte via Telefon miterleben.

Aufgrund der feindseligen Handlungen und anderer Schwierigkeiten wird es für die Gemeindemitglieder zunehmend schwieriger, sich zu versammeln. Illja Kobel, ein Sprecher von Jehovas Zeugen in der Ukraine, erklärt: „So wie alle, die in der Nähe der Sicherheitszone leben, sind auch Zeugen Jehovas durch die ständigen Schusswechsel und Explosionen emotional ausgelaugt. Zusätzlich kämpfen sie mit wirtschaftlichen Schwierigkeiten, die mit steigenden Preisen und sinkenden Einkommen einhergehen. Trotz dieser Herausforderungen halten Zeugen Jehovas an ihrer guten Gewohnheit fest, regelmäßig mit ihrer Glaubensfamilie zusammenzukommen.“

Einige Königreichssäle wieder bezugsfähig

Jehovas Zeugen sind sehr glücklich darüber, dass sie sechs der beschlagnahmten Königreichssäle wieder für ihre Zusammenkünfte verwenden können. Die Säle wurden zwar beschädigt, aber Zeugen Jehovas vor Ort haben mit vereinten Kräften die Schäden ausgebessert, um die Gebäude wieder in einen würdigen Zustand zu versetzen. Ein weiterer Saal wurde so stark beschädigt, dass er für eine Nutzung als Königreichssaal zurzeit nicht infrage kommt.

Ein Königreichssaal in der Region Lugansk wurde im September 2014 beschlagnahmt und konnte etwa ein Jahr später wieder von Jehovas Zeugen bezogen werden. Ein Ältester der Versammlung, Anatolij Danko, sprach mit folgendem Kommentar vielen aus dem Herzen: „In solchen Momenten spüren wir ganz deutlich: Wir gehören zusammen wie eine Familie. Wir waren lange voneinander getrennt, jetzt kehren wir wieder nach Hause zurück.“

Neutrale Haltung trotz eines Konfliktes

Jehovas Zeugen sind weltweit für ihre strikt neutrale politische Haltung bekannt — auch im Falle eines Konfliktes ändert sich ihre Haltung nicht. Genau dafür stehen auch Jehovas Zeugen in der Ostukraine. Sie hoffen auf eine Zeit, in der sie gemeinsam mit ihren Angehörigen und Mitmenschen in Frieden leben und ihre Religion in Freiheit ausüben können.