WIE SPENDEN VERWENDET WERDEN
Punkte, die Leben verändern
1. OKTOBER 2021
„Höchstwahrscheinlich kennen viele unserer Leser Menschen, die blind sind“, hieß es in der englischen Wachtturm-Ausgabe vom 1. Juni 1912. „Sie können kostenfeien Lesestoff erhalten ... In dieser Literatur werden erhabene Schriftzeichen verwendet, die von Blinden gelesen werden können.“ Der Wachtturm fügte noch hinzu: „Viele Blinde sind von Herzen dankbar für die Botschaft über die herrlichen Segnungen, die vor uns liegen.“
Als dieser Wachtturm veröffentlicht wurde, gab es im englischen Sprachraum noch kein einheitliches Schriftsystem für Brailleschrift (Blindenschrift). Das hielt Jehovas Zeugen jedoch nicht davon ab, die biblische Wahrheit auch in „erhabenen Schriftzeichen“ zugänglich zu machen. Bis heute veröffentlichen wir Literatur in Brailleschrift, und das mittlerweile in über 50 Sprachen. Wie genau läuft die Produktion ab?
Transkription und Prägung
Bei der Braille-Produktion wird der Text zunächst in Braille-Zeichen transkribiert. „In der Vergangenheit haben wir kommerzielle Software für die Braille-Transkription genutzt. Aber sie hat nicht alle Sprachen abgedeckt, die wir brauchten“, erklärt Michael Millen, der in der dafür zuständigen Abteilung (Text Processing Services) in Patterson (New York) tätig ist. „Jetzt verwenden wir das Programm ‚Watchtower Translation System‘. Es ermöglicht die Transkription in die meisten Braille-Schriftsysteme weltweit. Ich glaube, so ein Programm gibt es kein zweites Mal.“
Literatur in Brailleschrift enthält nicht nur den Text der Publikation, sondern auch Bildbeschreibungen. Das Titelbild der Braille-Ausgabe von Glücklich – für immer beispielsweise wird wie folgt beschrieben: „Ein Mann begibt sich auf einen Weg, der sich durch eine wunderschöne hügelige Landschaft schlängelt.“ Jamshed, ein blinder Dienstamtgehilfe und Pionier, sagt: „Für mich sind diese Bildbeschreibungen unbezahlbar.“
Nach der Transkription gehen die Dateien an Zweigbüros, die Prägungen von Braille-Literatur durchführen. Bei der Produktion kommt widerstandsfähiges Papier zum Einsatz. Dadurch entstehen bei der Prägung keine Löcher und die fertige Publikation eignet sich für den häufigen Gebrauch. Dann werden die Seiten zusammengefügt, gebunden, der regulären Literaturlieferung für die Versammlung hinzugefügt oder als portofreie Blindensendung verschickt, sofern die Möglichkeit besteht. Wenn nötig, organisieren Zweige sogar einen Expressversand, damit blinden und sehbehinderten Brüdern die Publikationen für die Zusammenkünfte rechtzeitig zur Verfügung stehen.
All das ist zeitaufwändig und kostenintensiv. In der Zeit, in der unsere Druckerei in Wallkill (New York) 50 000 Bibeln im Standardformat produziert, können nur zwei Braille-Bibeln geprägt werden. Jede Braille-Bibel in englischer Kurzschrift (Grade 2) umfasst 25 Bände. a Und die Materialkosten sind 123-mal so hoch wie bei einer Standardbibel. Allein die Buchdeckel für die 25 Bände kosten insgesamt etwa 130 Euro.
Wie empfinden diejenigen, die bei der Braille-Produktion mithelfen? Nadia, die im südafrikanischen Zweig tätig ist, sagt: „Unsere Brüder und Schwestern, die blind oder sehbehindert sind, haben es nicht leicht. Etwas für sie tun zu können, ist für mich ein Geschenk. Es ist offensichtlich, dass Jehova sie sehr liebt.“
Brailleschrift lesen lernen
Doch was ist, wenn jemand, der blind ist, Brailleschrift nicht lesen kann? Vor einigen Jahren wurde auf Englisch das Arbeitsheft Learn to Read Braille veröffentlicht, das sowohl Blindenschrift als auch gedruckten Text enthält. Damit kann eine sehende Person einer blinden Person die Brailleschrift näherbringen. Das Arbeitsheft ist Teil eines Sets, zu dem auch eine Punktschrifttafel und ein Griffel oder Stift gehört. Mit diesen Hilfsmitteln kann der Braille-Schüler Schriftzeichen selbst prägen. Er lernt, die Zeichen zu erfühlen, und merkt sie sich besser.
„Ich kann gar nicht genug davon bekommen“
Wie haben unsere blinden und sehbehinderten Brüder und Schwestern von diesen Publikationen profitiert? Ernst aus Haiti besuchte zwar die Zusammenkünfte, hatte aber keine Literatur in Brailleschrift. Um bei Schulungsaufgaben mitmachen zu können und Kommentare zu geben, war er daher sehr auf sein Gedächtnis angewiesen. „Aber jetzt“, sagt er, „kann ich mich jederzeit melden. Ich gehöre dazu – das kann ich deutlich spüren. Wir bekommen alle dieselbe geistige Nahrung.”
„Unsere Publikationen sind besser strukturiert als andere Braille-Literatur, die ich gelesen habe“, erzählt Jan, ein sehbehinderter Ältester aus Österreich, der das Wachtturm- und das Versammlungsbibelstudium leitet. „Wir haben zum Beispiel Seitenzahlen, präzise Bildbeschreibungen und die Fußnoten sind leicht zu finden.“
Seon-ok, eine Pionierin aus Südkorea, ist taubblind. In der Vergangenheit war sie bei den Zusammenkünften auf taktile Gebärden angewiesen. Doch dank der Braille-Produktion kann sie die Studienhilfsmittel jetzt selbst lesen. „Anderer Lesestoff in Blindenschrift ist manchmal schwer zu lesen, weil Punkte fehlen, die Zeilen schief sind oder das Papier zu dünn ist“, berichtet sie. „Jehovas Zeugen dagegen verwenden hochwertiges Papier und die Punkte sind leicht zu ertasten. Das erleichtert mir das Lesen. Früher konnte ich biblische Publikationen nur mit der Hilfe anderer studieren. Jetzt kann ich es selbst. Mich auf die wöchentlichen Zusammenkünfte vorbereiten zu können und einen vollen Anteil daran zu haben, das fühlt sich wirklich gut an. Ich lese alle unsere Braille-Veröffentlichungen. Man könnte sagen, ich kann gar nicht genug davon bekommen.“
Wie in unserer gedruckten Literatur findet man auch in unseren Braille-Publikationen folgende Erklärung: „Diese Publikation ist nicht zum Verkauf bestimmt. Unser gottesdienstliches Werk wird weltweit durch freiwillige Spenden finanziert.“ Wir sind sehr dankbar für die großzügigen Spenden, die über die auf donate.pr418.com angegebenen Wege getätigt werden. Dadurch kann geistige Nahrung allen zugänglich gemacht werden – auch blinden und sehbehinderten Personen.
a In einigen Braille-Schriftsystemen werden Wörter abgekürzt, um Platz zu sparen. In der Kurzschrift (Grade 2), zum Beispiel, werden für gängige Wörter und Buchstabenkombinationen Kurzformen gebraucht. Deshalb ist das gleiche Buch in Kurzschrift kleiner als in Vollschrift (Grade 1).
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