STUDIENARTIKEL 15
Wie betrachtest du die Felder?
„Seht euch die Felder an, dass sie reif sind für die Ernte“ (JOH. 4:35)
LIED 58 Wir suchen Menschen, die den Frieden lieben
VORSCHAU *
1, 2. Was mag der Grund für die Äußerung Jesu in Johannes 4:35, 36 gewesen sein?
JESUS kam auf seinem Weg nach Galiläa an Feldern vorbei, auf denen wahrscheinlich junge Gerste stand (Joh. 4:3-6). Da sie erst rund vier Monate später erntereif sein würde, müssen seine Jünger überrascht gewesen sein, als er sagte: „Seht euch die Felder an, dass sie reif sind für die Ernte.“ (Lies Johannes 4:35, 36.) Wovon sprach er?
2 Offensichtlich meinte Jesus nicht eine Ernte von Getreide, sondern von Menschen. Sehen wir uns an, was kurz zuvor geschehen war. Obwohl die Juden mit den Samaritern normalerweise nichts zu tun haben wollten, hatte Jesus einer Samariterin gepredigt – und sie hatte zugehört! Danach hatte die Frau anderen von Jesus erzählt, und während er von Feldern sprach, die „reif sind für die Ernte“, kamen eine Menge Samariter zu ihm, um mehr zu erfahren (Joh. 4:9, 39-42). In einem Bibelkommentar heißt es über diesen Bericht: „Das große Interesse der Menschen . . . zeigte, dass sie wie Getreide waren, das zur Ernte reif ist.“
3. Wie wirkt es sich auf dein Predigen aus, wenn du die Menschen so siehst, wie Jesus sie sah?
3 Wie ist es mit den Menschen, denen du die gute Botschaft predigst? Sind sie für dich wie Getreide, das reif ist zur Ernte? Wenn ja, wirkt sich das wie folgt aus: Erstens gewinnt das Predigen für dich dann an Dringlichkeit. In der Ernte ist die Zeit begrenzt und man darf keine Zeit verlieren. Zweitens freust du dich, wenn du siehst, dass Menschen auf die gute Botschaft hören. In der Bibel steht, dass „man sich in der Erntezeit freut“ (Jes. 9:3). Drittens wirst du jeden Menschen als potenziellen Jünger sehen und flexibel auf seine Interessen eingehen.
4. Was lernen wir in diesem Artikel von Paulus?
4 Jesus gab die Samariter nicht auf, wie es seine Nachfolger vielleicht getan hätten. Er betrachtete sie als potenzielle Jünger. Genauso sollten auch wir die Menschen in unserem Gebiet betrachten. Der Apostel Paulus ist uns da ein gutes Vorbild. Was können wir von ihm lernen? In diesem Artikel geht es erstens darum, wie er etwas über die Glaubensansichten der Menschen herausfand, zweitens, wie er sich auf ihre Interessen einstellte, und drittens, dass er sie als potenzielle Jünger von Jesus betrachtete.
WAS GLAUBEN DIE MENSCHEN?
5. Warum konnte sich Paulus in seine Zuhörer in der Synagoge hineinversetzen?
5 Paulus predigte oft in jüdischen Synagogen. In der Synagoge von Thessalonich zum Beispiel sprach er „an drei Sabbaten mit . . . [den Juden], wobei er anhand der Schriften argumentierte“ (Apg. 17:1, 2). Die Synagoge war für Paulus sicher eine vertraute Umgebung. Er war im Judentum aufgewachsen (Apg. 26:4, 5). Paulus konnte sich in die Juden hineinversetzen und war so in der Lage, mit Selbstvertrauen zu predigen (Phil. 3:4, 5).
6. Wie unterschieden sich die Menschen auf dem Marktplatz in Athen von denen in der Synagoge?
6 Nachdem Paulus wegen Verfolgung aus Thessalonich und Beröa fliehen musste, kam er schließlich nach Athen. Auch hier „begann er in der Synagoge mit den Juden und den anderen Leuten, die Gott anbeteten, zu sprechen und zu argumentieren“ (Apg. 17:17). Auf dem Marktplatz hatte er jedoch eine andere Zuhörerschaft. Dort waren auch Philosophen und andere Nichtjuden, die seine Botschaft als „neue Lehre“ betrachteten. Sie sagten zu ihm: „Du führst hier Dinge ein, die in unseren Ohren fremd klingen“ (Apg. 17:18-20).
7. Wie stimmte Paulus sein Predigen laut Apostelgeschichte 17:22, 23 auf seine Zuhörer ab?
7 Lies Apostelgeschichte 17:22, 23. Paulus sprach mit den Nichtjuden in Athen anders als mit den Juden in der Synagoge. Wahrscheinlich fragte er sich: „Was glauben die Leute hier in Athen?“ Er sah sich genau um und bemerkte, was für religiöse Bräuche es gab. Dann suchte er eine gemeinsame Grundlage, um eine Brücke von ihrer Anbetung zur Wahrheit in den heiligen Schriften zu schlagen. In einem Bibelkommentar heißt es: „Als jüdischer Christ erkennt er, dass heidnische Griechen nicht den ‚wahren‘ Gott der Juden und Christen anbeten, doch er versucht zu zeigen, dass der Gott, den er verkündet, den Athenern eigentlich nicht fremd ist.“ Paulus war also flexibel. Er erklärte den Athenern, dass seine Botschaft von dem „unbekannten Gott“ kam, den sie anbeten wollten. Die Nichtjuden waren zwar mit den heiligen Schriften nicht vertraut, aber Paulus gab sie nicht einfach auf. Vielmehr betrachtete er sie als erntereifes Getreide und stimmte sein Predigen auf sie ab.
8. (a) Wie kannst du feststellen, was die Menschen in deinem Gebiet glauben? (b) Wie könnte man antworten, wenn jemand sagt, er habe seine Religion?
8 Sei ein guter Beobachter wie Paulus. Hab ein Auge dafür, was die Menschen in deinem Gebiet glauben. Lässt das Haus oder das Auto auf jemandes religiöse Überzeugung schließen? Liefern sein Name, seine Kleidung, sein Äußeres oder sogar seine Wortwahl Hinweise darauf, was er glaubt? Vielleicht sagt dir jemand gleich, dass er seine eigene Religion hat. Flutura, eine Sonderpionierin, antwortet in so einem Fall: „Ich will Ihnen nicht meinen Glauben aufdrängen. Ich wollte nur kurz über Folgendes sprechen: . . .“
9. Auf welcher gemeinsamen Grundlage kannst du bei religiösen Menschen vielleicht aufbauen?
9 Worüber könntest du mit jemandem sprechen, der religiös ist? Such eine gemeinsame Grundlage. Vielleicht betet der Betreffende nur einen einzigen Gott an, glaubt an Jesus als Erlöser der Menschheit oder ist der Meinung, dass wir in schlimmen Zeiten leben, die bald vorbei sein werden. Bau auf Gemeinsamkeiten auf, um die Botschaft der Bibel für dein Gegenüber ansprechend zu machen.
10. Was sollten wir versuchen und warum?
10 Denk daran: Die Menschen glauben nicht immer alles, was ihre Religion lehrt. Selbst wenn du also weißt, welche Religion jemand hat, versuch herauszufinden, was er persönlich glaubt. „Viele vermischen heute Religion und Philosophie“, sagt David, ein Sonderpionier in Australien. Donalta aus Albanien berichtet: „Manche sagen, sie hätten eine Religion, aber dann stellt sich heraus, dass sie eigentlich gar nicht an Gott glauben.“ Und wie ein Missionar in Argentinien erklärt, behaupten manche, an die Dreieinigkeit zu glauben, denken aber nicht wirklich, dass der Vater, der Sohn und der heilige Geist ein einziger Gott sind. „Das zu wissen macht es viel leichter, eine gemeinsame Grundlage zu legen“, meint er. Finde also heraus, was dein Gegenüber wirklich glaubt. Dann kannst du wie Paulus „für Menschen aller Art alles“ werden (1. Kor. 9:19-23).
WAS INTERESSIERT DIE MENSCHEN?
11. Was machte das Vorgehen von Paulus in Lystra laut Apostelgeschichte 14:14-17 ansprechend?
11 Lies Apostelgeschichte 14:14-17. Paulus sah, was seine Zuhörer interessierte, und passte sein Vorgehen entsprechend an. In Lystra hatte er zum Beispiel mit Menschen zu tun, die nichts oder nur wenig über die heiligen Schriften wussten. Also führte er in seiner Argumentation Dinge an, mit denen sie etwas anfangen konnten. Er sprach über reiche Ernten und darüber, dass man das Leben genießen kann. Seine Worte und Beispiele waren für seine Zuhörer leicht verständlich.
12. Wie findest du heraus, wofür sich jemand interessiert, und wie kannst du dein Vorgehen anpassen?
12 Entwickle einen Blick für die Interessen der Leute in deinem Gebiet und passe dein Vorgehen an. Wie findest du heraus, wofür sich jemand interessiert, wenn du auf ihn oder sein Haus zugehst? Wie schon gesagt: Sei ein guter Beobachter. Vielleicht arbeitet derjenige im Garten, liest ein Buch oder repariert sein Auto. Könntest du das eventuell als Gesprächsaufhänger benutzen? (Joh. 4:7). Manchmal sagt auch die Kleidung etwas über jemand aus – über seine Nationalität, seinen Beruf oder seine Lieblingsmannschaft. „Ich hab mal ein Gespräch mit einem 19-Jährigen angefangen, auf dessen T-Shirt ein berühmter Sänger abgebildet war“, berichtet Gustavo. „Ich hab ihn darauf angesprochen und er hat mir erzählt, warum er ihn gut findet. Das Gespräch führte zu einem Bibelstudium und jetzt ist er ein Bruder.“
13. Wie kannst du das Bibelstudium schmackhaft machen?
13 Wenn du jemandem ein Bibelstudium anbietest, mach es ihm schmackhaft und zeige, wie ihm das Bibelstudium zugutekommen kann (Joh. 4:13-15). Eine Schwester namens Poppy wurde einmal von einer Frau in die Wohnung gebeten, die Interesse hatte. Poppy sah an der Wand eine Urkunde, die zeigte, dass die Frau Professorin war und Erziehungswissenschaften studiert hatte. Also wies sie darauf hin, dass auch wir durch unser Bibelstudienprogramm und unsere Zusammenkünfte Bildung vermitteln. Die Frau willigte in ein Studium ein, besuchte am nächsten Tag eine Zusammenkunft und bald darauf einen Kreiskongress. Ein Jahr später ließ sie sich taufen. Überleg dir: Was interessiert die Menschen, bei denen ich Rückbesuche machen will? Kann ich unser Bibelstudienprogramm so beschreiben, dass sie Lust darauf bekommen?
14. Wie kannst du ein Bibelstudium auf deinen Schüler zuschneiden?
14 Studierst du mit jemandem die Bibel, dann bereite dich auf jedes Studium vor und denk dabei an die Umstände und Interessen des Schülers. Mach dir Gedanken, welche Bibeltexte, Videos und Vergleiche du verwenden willst. Frag dich: Was spricht ihn besonders an? Was berührt ihn? (Spr. 16:23). Flora, eine Pionierin in Albanien, studierte mit einer Frau, die sagte: „An die Auferstehung kann ich nicht glauben.“ Flora ließ das zunächst auf sich beruhen. Sie erzählt: „Ich dachte, sie muss erst einmal den Gott kennenlernen, der eine Auferstehung verspricht.“ Von da an betonte sie bei jedem Studium Jehovas Liebe, Weisheit und Macht. Der Frau fiel es später nicht mehr schwer, an die Auferstehung zu glauben. Sie ist jetzt eine eifrige Zeugin Jehovas.
BETRACHTE SIE ALS POTENZIELLE JÜNGER
15. Was beunruhigte Paulus laut Apostelgeschichte 17:16-18, doch warum waren die Athener für ihn keine hoffnungslosen Fälle?
15 Lies Apostelgeschichte 17:16-18. Für Paulus waren die Athener keine hoffnungslosen Fälle, obwohl ihre Stadt voller Götzen, sexueller Unmoral und heidnischer Philosophien war. Auch ließ er sich durch ihre Beleidigungen nicht entmutigen. Er war ja früher selbst „ein Lästerer und ein Verfolger und ein unverschämter Mensch“ (1. Tim. 1:13). So wie Jesus das Potenzial von Paulus sah, so sah Paulus das Potenzial der Athener. Und seine Zuversicht war durchaus berechtigt (Apg. 9:13-15; 17:34).
16, 17. Was zeigt, dass die unterschiedlichsten Menschen Jünger von Jesus werden können? Führe ein Beispiel an.
16 Im 1. Jahrhundert wurden die unterschiedlichsten Menschen Jünger von Jesus. Paulus schrieb in seinem Brief an die Christen in Korinth, dass einige dort kriminell gewesen waren oder ein sehr unmoralisches Leben geführt hatten. Dann fügte er hinzu: „Und doch waren das einige von euch. Aber ihr seid reingewaschen worden“ (1. Kor. 6:9-11). Hättest du das Potenzial dieser Menschen gesehen?
17 Heute reagieren Menschen aller Art positiv auf die Bibel, sind bereit sich zu ändern und werden Jünger von Jesus. Yukina, eine Sonderpionierin in Australien, hat das erlebt. Ihr fiel einmal in einem Immobilienbüro eine junge Frau auf, die tätowiert und nachlässig gekleidet war. „Ich zögerte einen Moment“, sagt Yukina, „aber dann sprach ich sie an. Wie sich herausstellte, war ihr die Bibel so wichtig, dass sie sich sogar Verse aus den Psalmen hatte eintätowieren lassen.“ Die Frau begann, die Bibel zu studieren und die Zusammenkünfte zu besuchen. *
18. Warum sollten wir nicht über Menschen urteilen?
18 Betrachtete Jesus die Felder als erntereif, weil er davon ausging, dass ihm die Mehrheit der Menschen nachfolgen würde? Nein! Schließlich war vorausgesagt worden, dass nur relativ wenige an ihn glauben würden (Joh. 12:37, 38). Außerdem konnte Jesus ins Herz sehen (Mat. 9:4). Trotzdem konzentrierte er sich auf die wenigen, die glauben würden, und predigte allen voller Eifer. Wir können nicht ins Herz sehen und sollten uns deshalb umso mehr davor hüten, über Einzelne oder ein Gebiet zu urteilen. Wir sollten vielmehr das Potenzial der Menschen sehen. Mark, ein Missionar in Burkina Faso sagt: „Wenn ich denke, dass jemand Fortschritte machen wird, hört der Betreffende oft mit dem Studium auf. Aber die, bei denen ich nicht viel erwarte, kommen gut voran. Das hat mir gezeigt, dass man sich besser von Jehovas Geist leiten lässt.“
19. Wie sollten wir zu den Menschen in unserem Gebiet eingestellt sein?
19 Auf den ersten Blick scheint es im Gebiet vielleicht nicht viele zu geben, die wie erntereifes Getreide sind. Denken wir jedoch an das, was Jesus zu seinen Jüngern sagte: Die Felder sind reif für die Ernte. Menschen können sich ändern und Jünger von Christus werden. Für Jehova sind diese potenziellen Jünger wertvoll (Hag. 2:7). Wenn wir die Menschen so sehen wie Jehova und Jesus, werden wir etwas über ihren Hintergrund und ihre Interessen kennenlernen wollen. Wir betrachten sie dann nicht als Fremde, sondern als potenzielle Brüder und Schwestern.
LIED 57 Jeder kann ein Freund Jehovas werden
^ Abs. 5 Wie wirkt sich unsere Einstellung zu unserem Gebiet auf unser Predigen und Lehren aus? Der Artikel zeigt, wie Jesus und Paulus zu den Menschen eingestellt waren, denen sie predigten. Er geht darauf ein, wie wir uns an ihnen ein Beispiel nehmen können, indem wir die Glaubensansichten und Interessen der Menschen berücksichtigen und ihr Potenzial sehen.
^ Abs. 17 Die Serie „Die Bibel verändert das Leben“ enthält weitere Beispiele von Menschen, die sich geändert haben. Sie erschien bis 2017 im Wachtturm unter dem Namen „Die Bibel hat ihr Leben verändert“ und wird nun auf jw.org® fortgesetzt. Zu finden unter ÜBER UNS > ERFAHRUNGEN VON ZEUGEN JEHOVAS.
^ Abs. 57 BILDBESCHREIBUNG: Ein Ehepaar geht von Haus zu Haus. Sie sehen 1. ein gepflegtes Haus mit Blumen, 2. ein Haus, wo eine junge Familie wohnt, 3. ein Haus, das ziemlich unordentlich aussieht, und 4. ein Haus, dessen Bewohner religiös sind. Wo wohnt der Mensch mit dem größten Potenzial?
DER WACHTTURM (STUDIENAUSGABE)