Der Frieden Gottes übertrifft alles Denken

Der Frieden Gottes übertrifft alles Denken

„Der Frieden Gottes, der alles Denken übertrifft, wird euer Herz . . . behüten“ (PHIL. 4:7)

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1, 2. Was widerfuhr Paulus und Silas in Philippi? (Siehe Anfangsbild.)

 ES IST um Mitternacht in Philippi. Die Missionare Paulus und Silas sitzen im Gefängnis, im innersten Trakt. Ihre Füße liegen im Stock und ihr Rücken schmerzt noch von den Schlägen, die sie gerade erhalten haben (Apg. 16:23, 24). Wie schnell alles gegangen war! Ohne jede Vorwarnung hatte man sie auf den Marktplatz gezerrt und vor ein eilig einberufenes Gericht gestellt. Man hatte ihnen die Kleider vom Leib gerissen und sie heftig mit Ruten geschlagen (Apg. 16:16-22). Was für eine Ungerechtigkeit! Paulus hätte als römischer Bürger ein Anrecht auf ein ordentliches Gerichtsverfahren gehabt. a

2 Während Paulus in seiner dunklen Gefängniszelle saß, dachte er vielleicht über die Geschehnisse des Tages und über die Menschen in Philippi nach. Im Gegensatz zu vielen anderen Städten, die er besucht hatte, gab es in Philippi nicht einmal eine Synagoge. Zur Anbetung mussten sich die Juden außerhalb der Stadttore am Fluss treffen (Apg. 16:13, 14). Lag es daran, dass es nicht einmal zehn jüdische Männer in der Stadt gab — die Mindestzahl für die Gründung einer Synagoge? Auch wenn die Menschen in Philippi nur eine Art beschränktes römisches Bürgerrecht hatten, waren sie offenbar sehr stolz darauf (Apg. 16:21). Vielleicht hatten sie es deshalb nicht für möglich gehalten, dass Paulus und Silas als Juden römische Bürger waren. Wie auch immer, jetzt saßen sie ungerechterweise im Gefängnis.

3. Warum mag sich Paulus über seine Inhaftierung gewundert haben, doch wie ging er damit um?

3 Vielleicht dachte Paulus auch über die vergangenen Monate nach. Er war auf der anderen Seite des Ägäischen Meeres in Kleinasien gewesen. Dort hatte es ihm der heilige Geist wiederholt verwehrt, in bestimmten Gebieten zu predigen. Es war, als hätte ihn der heilige Geist gedrängt, woandershin zu gehen (Apg. 16:6, 7). Aber wohin? Die Antwort erhielt Paulus durch eine Vision in Troas: „Komm herüber nach Mazedonien.“ Nach diesem deutlichen Hinweis auf den Willen Jehovas nahm Paulus die Einladung sofort an. (Lies Apostelgeschichte 16:8-10.) Was geschah dann? Kurz nach seiner Ankunft in Mazedonien kam er ins Gefängnis. Warum ließ Jehova das zu? Wie lange würde man Paulus festhalten? Selbst wenn ihn diese Fragen sehr belasteten, wurde dadurch weder sein Glaube geschwächt noch seine Freude getrübt. Vielmehr „beteten Paulus und Silas und lobsangen Gott“ (Apg. 16:25). Ihr Herz und ihr Denken wurden durch den Frieden Gottes beruhigt.

4, 5. (a) Wie könnte unsere Situation der von Paulus ähneln? (b) Beschreibe, wie sich die Situation von Paulus unerwartet änderte.

4 Vielleicht ging es dir auch schon einmal wie Paulus: Du hattest das Gefühl, der Leitung des Geistes Gottes zu folgen, aber dann kam alles anders als erwartet. Auf einmal sahst du dich Problemen gegenüber oder neue Umstände erforderten große Veränderungen (Pred. 9:11). Im Rückblick fragst du dich womöglich, warum Jehova manches zugelassen hat. Was kann dir dann helfen, voller Vertrauen auf Jehova weiter auszuharren? Blenden wir uns noch einmal bei Paulus und Silas in Philippi ein.

5 Als die beiden Loblieder singen, geschehen eine Reihe völlig unerwarteter Dinge. Plötzlich kommt es zu einem schweren Erdbeben. Die Gefängnistüren fliegen weit auf. Die Fesseln aller Gefangenen lösen sich. Paulus hält den Gefängniswärter davon ab, sich umzubringen. Der Gefängniswärter und seine ganze Familie lassen sich taufen. Die Magistrate der Stadt schicken im Morgengrauen Amtsdiener, um Paulus und Silas freizulassen und sie zu bitten, die Stadt ohne Aufsehen zu verlassen. Als den Magistraten bewusst wird, dass Paulus und Silas römische Bürger sind und ihnen ein fataler Fehler unterlaufen ist, kommen sie selbst, um die Männer hinauszuführen. Doch Paulus und Silas wollen sich zuerst von ihrer neu getauften Schwester Lydia verabschieden und nutzen die Gelegenheit, ihre Brüder zu stärken (Apg. 16:26-40). Wie schnell sich alles verändert hatte!

ER ÜBERTRIFFT ALLES DENKEN

6. Was besprechen wir im Folgenden?

6 Was lernen wir aus diesem Bericht? Jehova kann Unerwartetes bewirken, also brauchen wir bei Schwierigkeiten nicht ängstlich zu sein. Diese Erkenntnis hinterließ bei Paulus mit Sicherheit einen tiefen Eindruck. Das ist an dem zu erkennen, was er später in Bezug auf Sorgen und den Frieden Gottes an die Brüder in Philippi schrieb. Beschäftigen wir uns zunächst mit den Worten von Paulus in Philipper 4:6, 7 (lies). Betrachten wir dann weitere biblische Beispiele, wie Jehova auf unerwartete Weise handelte, und schließlich, wie wir mit dem „Frieden Gottes“ im vollen Vertrauen auf Jehova ausharren können.

7. Was betonte Paulus in seinem Brief an die Brüder in Philippi, und was nehmen wir für uns daraus mit?

7 Als die Brüder in Philippi den Brief von Paulus lasen, erinnerten sie sich bestimmt an das, was ihm widerfahren war. Damals hatte sicher keiner geahnt, dass Jehova auf diese Weise eingreifen würde. Was wollte Paulus ihnen mit auf den Weg geben? Im Grunde: Macht euch keine Sorgen. Betet und dann werdet ihr den Frieden Gottes erhalten. Beachten wir, dass „der Frieden Gottes . . . alles Denken übertrifft“. Was ist darunter zu verstehen? Die Stelle wird auch mit „Frieden Gottes, der weit über alles menschliche Planen hinausführt“ wiedergegeben. Paulus meinte also, dass „der Frieden Gottes“ mehr bewirken kann, als wir uns vorstellen können. Auch wenn aus menschlicher Sicht kein Ausweg erkennbar ist: Jehova sieht ihn, und er kann auf unerwartete Weise handeln. (Lies 2. Petrus 2:9.)

8, 9. (a) Welche guten Auswirkungen hatte das Unrecht, das Paulus in Philippi widerfuhr? (b) Warum war das, was Paulus an die Brüder in Philippi schrieb, glaubwürdig?

8 Es muss den Brüdern in Philippi Kraft gegeben haben, über die vergangenen zehn Jahre seit diesen Ereignissen nachzudenken. Was Paulus geschrieben hatte, stimmte: Auch wenn Jehova zugelassen hatte, dass Paulus und Silas Unrecht widerfahren war, führten jene Ereignisse schließlich zur „Verteidigung und gesetzlichen Befestigung der guten Botschaft“ (Phil. 1:7). Die Magistrate hätten es sich nach jenem Vorfall bestimmt zweimal überlegt, etwas gegen die neu gegründete Christenversammlung zu unternehmen. Vielleicht war es dem Vorgehen von Paulus zu verdanken, dass sein Reisegefährte, der Arzt Lukas, möglicherweise in Philippi bleiben konnte, nachdem Paulus und Silas abgereist waren. So hätte Lukas die neuen Christen unterstützen können.

9 Die Brüder in Philippi wussten, dass Paulus’ Worte nicht die eines Gelehrten waren, der nur irgendwo in einem Schreibzimmer saß. Paulus hatte selbst schon Extremsituationen erlebt. Als er den Brüdern in Philippi schrieb, war er beispielsweise in Rom unter Hausarrest. Trotzdem wurde deutlich, dass er den „Frieden Gottes“ hatte (Phil. 1:12-14; 4:7, 11, 22).

„SEID UM NICHTS ÄNGSTLICH BESORGT“

10, 11. Was müssen wir tun, wenn wir uns übermäßig Sorgen machen, und was können wir erwarten?

10 Was kann uns helfen, „um nichts ängstlich besorgt“ zu sein und den „Frieden Gottes“ zu verspüren? Paulus’ Worte an die Philipper zeigen, was gegen Sorgen wirkt: Beten. Wenn wir also besorgt sind, müssen wir aus unseren Sorgen Gebete machen. (Lies 1. Petrus 5:6, 7.) Beten wir zu Jehova und glauben wir fest daran, dass er für uns sorgt. Erinnern wir uns an unsere Segnungen und bedanken wir uns bei Jehova dafür. Bleiben wir uns bewusst, dass er „über alles hinaus mehr tun kann, als wir erbitten oder erdenken“ — das stärkt unser Vertrauen in ihn (Eph. 3:20).

11 Wie Paulus und Silas sind wir vielleicht überrascht, was Jehova für uns persönlich tut. Es mag nicht immer spektakulär sein, aber es wird immer das sein, was wir benötigen (1. Kor. 10:13). Das heißt natürlich nicht, dass wir einfach die Hände in den Schoß legen und abwarten, bis sich Jehova einer Sache annimmt. Wir müssen entsprechend unseren Gebeten handeln (Röm. 12:11). Das zeigt, wie ernst uns die Sache ist, und gibt Jehova die Gelegenheit, uns zu segnen. Denken wir gleichzeitig daran, dass Jehova mehr tun kann, als wir erbitten, erwarten oder uns vorstellen können. Hin und wieder überrascht er uns und bewirkt etwas Unerwartetes. Sehen wir uns nun Bibelberichte an, die unser Vertrauen stärken, dass Jehova für uns auf unerwartete Weise handeln kann.

BEISPIELE AUS ALTER ZEIT

12. (a) Wie reagierte Hiskia auf die Bedrohung Sanheribs? (b) Was können wir daraus lernen, wie Jehova das Problem löste?

12 In der Bibel finden wir verschiedene Beispiele dafür, dass Jehova auf unerwartete Weise handelt. Zur Zeit König Hiskias marschierte König Sanherib von Assyrien in Juda ein und eroberte alle befestigten Städte, außer Jerusalem (2. Kö. 18:1-3, 13). Dann wandte Sanherib seine Aufmerksamkeit Jerusalem zu. Wie reagierte Hiskia auf diese unmittelbare Bedrohung? Er betete zu Jehova und bat den Propheten Jesaja um Rat (2. Kö. 19:5, 15-20). Er setzte auch seine Vernunft ein und zahlte den Tribut, den Sanherib von ihm forderte (2. Kö. 18:14, 15). Und schließlich bereitete er alles für eine lange Belagerung vor (2. Chr. 32:2-4). Aber wie ging die Sache aus? Jehova sandte einen Engel, der in einer Nacht 185 000 assyrische Soldaten tötete. Damit hatte nicht einmal Hiskia gerechnet (2. Kö. 19:35).

Was können wir aus dem lernen, was Joseph gemäß 1. Mose 41:42 erlebte? (Siehe Absatz 13)

13. (a) Was lernen wir aus dem, was Joseph widerfuhr? (b) Was erlebte Sara Außergewöhnliches?

13 Nun zu dem jungen Joseph, einem Sohn Jakobs. Als er sich in Ägypten in einem Kerkerloch befand, konnte er sich bestimmt nicht vorstellen, eines Tages das zweithöchste Amt im Land zu bekleiden oder von Jehova gebraucht zu werden, seine Familie vor dem Hungertod zu bewahren (1. Mo. 40:15, Fn.; 41:39-43; 50:20). Ohne Frage übertraf das, was Jehova tat, alle Erwartungen Josephs. Denken wir auch an seine Urgroßmutter Sara. Konnte sie sich in ihrem hohen Alter vorstellen, dass Jehova ihr gewähren würde, einen Sohn zur Welt zu bringen, statt das Kind durch ihre Magd zu erhalten? Die Geburt Isaaks übertraf mit Sicherheit Saras kühnste Träume (1. Mo. 21:1-3, 6, 7).

14. Worauf können wir vertrauen?

14 Wir erwarten natürlich nicht, dass Jehova unsere Probleme durch ein Wunder löst oder in unserem Leben Spektakuläres bewirkt, noch bevor wir in der verheißenen neuen Welt sind. Wir wissen jedoch: Der Gott, der seinen Dienern in der Vergangenheit auf erstaunliche Weise geholfen hat, ist immer noch derselbe — unser Gott Jehova. (Lies Jesaja 43:10-13.) Diese Tatsache stärkt unser Vertrauen in ihn. Er kann uns die nötige Kraft geben, seinen Willen völlig auszuführen (2. Kor. 4:7-9). Was lehren uns die Beispiele von Hiskia, Joseph und Sara? Wenn wir Jehova treu bleiben, kann er uns helfen, das scheinbar Unüberwindbare zu überwinden.

Wenn wir Jehova treu bleiben, kann er uns helfen, das scheinbar Unüberwindbare zu überwinden

15. Erkläre, wie wir den „Frieden Gottes“ bewahren können.

15 Wie können wir trotz Schwierigkeiten den „Frieden Gottes“ bewahren? Halten wir weiter fest zu Jehova. Ein gutes Verhältnis zu ihm ist nur „durch Christus Jesus“ möglich, der sein Leben als Lösegeld gab. Das Beschaffen des Lösegeldes ist eine weitere erstaunliche Tat unseres Vaters. Durch das Lösegeld kann Jehova unsere Sünden zudecken und uns ermöglichen, ein reines Gewissen zu haben und uns ihm zu nahen (Joh. 14:6; Jak. 4:8; 1. Pet. 3:21).

ER WIRD UNSER HERZ UND UNSERE DENKKRAFT BEHÜTEN

16. Wie wirkt sich der „Frieden Gottes“ aus? Erkläre es.

16 Wie wirkt sich der „Frieden Gottes“ aus? Wie die Bibel sagt, wird er unser Herz und unsere Denkkraft durch Christus Jesus behüten (Phil. 4:7). In der Ursprache der Bibel war das Wort, das mit „behüten“ übersetzt werden kann, ein militärischer Ausdruck. Er bezog sich auf eine Garnison, die in alter Zeit für die Bewachung einer befestigten Stadt abgestellt war. Philippi war so eine Stadt. Die Einwohner konnten nachts ruhig schlafen, weil sie wussten, dass die Stadttore von Soldaten bewacht wurden. Wenn wir den „Frieden Gottes“ haben, verspüren wir eine ähnliche innere Ruhe. Wir wissen, dass Jehova uns beisteht und möchte, dass es uns gut geht (1. Pet. 5:10). Diese Gewissheit „behütet“ uns, sodass wir nicht von Sorgen oder Entmutigung überwältigt werden.

17. Wie können wir voller Zuversicht in die Zukunft blicken?

17 Der Menschheit steht die größte Drangsal aller Zeiten bevor (Mat. 24:21, 22). Was das für jeden von uns bedeutet, ist nicht bekannt, doch wir brauchen nicht übermäßig ängstlich zu sein. Auch wenn wir die Vorgehensweise Jehovas nicht im Detail kennen, kennen wir doch ihn. Ganz gleich was passiert: Jehova handelt immer so, wie er es sich vorgenommen hat — manchmal auf ganz unerwartete Weise. Das lehrt uns die Vergangenheit. Jedes Mal, wenn er für uns handelt, verspüren wir womöglich aufs Neue den „Frieden Gottes, der alles Denken übertrifft“.

a Offensichtlich war auch Silas ein römischer Bürger (Apg. 16:37).